"Die Presse" fragt eine junge Katholikin, eine Psychologin, einen Soziologen, eine Theologieprofessorin und einen Vertreter der jungen Muslime, wer dieses uralte Fest warum begeht, wie es allen Krisen standhält - und warum es auch für nicht christliche Österreicher eine besondere Zeit ist.
Driving home for Christmas. Die 15 Mitglieder der österreichischen Bischofskonferenz kehren zurück. Sie waren vergangene Woche in Rom. Kardinal Christoph Schönborn, Konferenz-Vorsitzender Erzbischof Franz Lackner und die anderen Bischöfe haben im Vatikan so gut wie alle Abteilungen abgeklappert. Zuletzt waren sie am Freitag bei Papst Franziskus.
Vieles an Sorgen, Problemen und Nöten wurde angesprochen. Die katholische Kirche hat schon bessere Zeiten gesehen. Aber jetzt ist das Weihnachtsfest.
Es hat einen kaum gebrochenen Glanz. Weshalb ist Weihnachten so stark? Darf oder muss Weihnachten gerade in Zeiten der Krisen gefeiert werden? Verliert Weihnachten aber gleichzeitig seine christliche Bedeutung?
Unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen durchaus. So erzählt etwa Viktoria Mayer, Vorsitzende der Katholischen Jugend (KJ) Wien, dass ihre Studienkollegen und -kolleginnen an der Boku „Weihnachten vor allem als Fest der Familie wahrnehmen. Sie wissen natürlich, dass Jesu Geburt gefeiert wird, aber das spielt für sie eine untergeordnete Rolle.“

Es geht ums Zusammensein. Für viele sei es auch ein Fest der Hoffnung. Als solches könnte Weihnachten in diesem Jahr voller Krisen und dem Krieg in der Ukraine auch besonders wichtig für Jugendliche sein, „das Gefühl habe ich schon“, sagt die 20-Jährige. Weil es ein verlässlicher Fixpunkt in unsicheren Zeiten sei. „Jede und jeder hat eigene Traditionen mit der Familie. Es geht ums Zusammensein, das gibt Kraft.“ Zum anderen können die Feiertage jungen Menschen „die Chance geben, ein bisschen zu hoffen, dass es wieder besser wird. Es sind ein paar Tage, in denen sie sich nicht so viele Sorgen machen müssen.“
Dass sich junge Menschen in Zeiten multipler Krisen der Kirche zuwenden, bemerkt die Katholische Jugend aber nicht. Im Gegenteil. „Vor der Pandemie haben wir Messen mit 500 Jugendlichen gefeiert. Das schaffen wir nicht mehr.“ Die Christin Mayer hat auch kein Problem, dass viele Weihnachten nicht stark als christliches Fest wahrnehmen, oder es auch Menschen anderer Konfessionen begehen. „Wir setzen uns sehr dafür ein, dass alle willkommen sind. Wir freuen uns, wenn Menschen, die gar nicht katholisch sind, zusammenfinden und ein Fest feiern, wie sie es feiern wollen.“
Dass die Kirchen zu Weihnachten (anders als im Rest des Jahres) gut gefüllt sind, erklärt sich Mayer mit der Tradition: „Viele sind immer schon zu Weihnachten in die Kirche gegangen. Das behalten sie bei, auch wenn sie sich sonst von der Kirche distanzieren.“
Es sei aber nicht Hauptziel, junge Leute verstärkt in die Kirchen zu bringen. „Wir schauen, dass die Jugendlichen ihren Weg finden, ihren Glauben zu leben, so wie sie möchten“– ob mit oder ohne Gottesdienstbesuche.
„In unsicheren Zeiten extrem wichtig“
Die Psychologin Natalia Ölsböck sieht Weihnachten in diesem Jahr als besonders relevant für die Menschen, damit sie eine Pause von den multiplen Krisen bekommen.