Bundeswehr

Totalausfall deutscher Puma-Schützenpanzer bei Übung für Nato-Einsatz

KMW
  • Drucken

Von 18 Schützenpanzern einer Einheit, die Deutschland ab Jänner für die schnelle Nato-Eingreiftruppe stellen wollte, fielen bei einer Vorbereitungsübung alle 18 aus. Der Puma ist problemgeplagt, legt aber auch größere Probleme im modernen deutschen Militär offen.

Vor dem Hintergrund der Debatte in Deutschland über die Lieferung von Kampf- und Schützenpanzern in die Ukraine kommt diese Meldung besonders ungelegen - und beleuchtet die seit Jahren bekannten Probleme der Bundeswehr in technischer Hinsicht: Bei einer Übung für die Teilnahme deutscher Truppen an der schnellen Nato-Eingreiftruppe VJTF (Very High Readiness Joint Task Force) im nächsten Jahr sind laut einem Bericht des „Spiegel" alle 18 Puma-Schützenpanzer einer verstärkten Panzergrenadierkompanie der sächsischen Panzergrenadierbrigade 37 innerhalb weniger Tage ausgefallen.

Das Manöver fand nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur kürzlich auf einem Schießübungszentrum der Panzertruppe statt. Von dort aus musste der Kommandant der übergeordneten 10. Panzerdivision („Löwendivision"), Generalmajor Ruprecht von Butler, der Heeresführung berichten, dass die Panzer nacheinander wegen technischer Defekte ausgefallen seien, die letzten zwei davon „nach anderthalb Stunden mit Turmdefekten“.

„Nicht übermäßig beansprucht"

Vor allem die Elektronik der von Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und Rheinmetall entwickelten Schützenpanzer, die seit 2015 in Serie an das Heer ausgeliefert werden, ist Berichten zufolge anfällig; in einem der Fahrzeuge habe es auch einen Kabelbrand im Fahrerraum gegeben. Die Art der Mängel seien der Truppe bekannt gewesen, doch noch nie in dieser Häufigkeit aufgetreten. Dabei seien die je nach Ausstattung und Panzerschutz 31 bis 43 Tonnen schweren Fahrzeuge bei der Übung nur auf ebenen Schießbahnen in Norddeutschland bewegt und „nicht übermäßig beansprucht" worden.

Aus der betreffenden Panzereinheit heißt es, dass die Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft wohl drei bis vier Monate (!) dauern werde.

Die Informationen sorgen im deutschen Verteidigungsministerium offenbar seit Freitag für Wirbel. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) erfuhr während einer Afrika-Reise von der Sache. Am Montag solle bei einem Krisentreffen in Berlin mit Beteiligung Lambrechts beraten werden. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, sagte eine schnelle Aufklärung zu. Die Bundeswehr-Spitzen betonten, der Beitrag für das Bündnis im Rahmen der VJTF (sie hat eine Gesamtstärke von rund 20.000 Mann, davon 5000 Mann in Bodeneinheiten) ab Jänner sei nicht in Gefahr: Man werde die Panzergrenadiere vorerst aber wohl mit dem alten, aber bewährten Schützenpanzer „Marder" ausstatten.

Der an sich sehr gut bewaffnete, mit einer 30-Millimeter-Maschinenkanone hart zuschlagende Puma wird von allerhand Problemen geplagt und ist erst im vergangenen Jahr für gefechtstauglich erklärt worden, obwohl schon mehr als 350 Stück ausgeliefert sein sollen. Von denen waren zuletzt diversen Quellen zufolge aber weniger als 150 einsatzbereit, vermutlich sogar weniger als 120. Das Fahrzeug hat sich den Beinamen „Pannenpanzer" eingefangen.

Vom Superpanzer zum Pannenpanzer

Der Puma sollte konstruktiv offenbar zu einer Art Super-Schützenpanzer werden und wurde dadurch auch ungewöhnlich schwer und teuer. Mit seiner oben erwähnten Masse rangiert er etwa weit über den amerikanischen Bradleys (um 30 Tonnen), dem österreichisch-spanischen „Ulan" bzw. „Pizarro" (ca. 26 bis 29 t) und dem russischen BMP-3 (19 t). Er nähert sich mit seiner Massen-Obergrenze sogar jener russischer Kampfpanzer wie des T-72 an. Das liegt sicher ganz wesentlich am erhöhten Panzerschutz für die neun Mann Besatzung (davon sechs Infanteristen), doch wirken so hohe Gewichte und die damit verbundenen Kräfte stark abnützend auf das Gesamtsystem.

Mit anderen Mängeln hat die schiere Masse allerdings weniger zu tun: Etwa mit den Qualitätsproblemen bei zahlreichen Bestandteilen von der Elektronik über Optik bis zu mechanischen Elementen. Mehrere andere Heere - etwa der Niederlande, Ungarns, Tschechiens, Australiens - haben den Puma bereits abgelehnt. Ein Exportschlager wird er nicht mehr werden.

Insgesamt gilt das Puma-Projekt, bei dem sich freilich auch deutsche Bürokratie und endlose militärische und politische Änderungswünsche negativ auswirkten, als ein „Leuchtturm“, wie man Rüstung eher nicht betreiben soll - freilich auch in einem Land, wo es dafür seit Jahrzehnten nicht viel Aufmerksamkeit und Interesse mehr gab, und wo sich die Streitkräfte bei Themen wie Inklusion, Vielfalt, Gendern und Ökologie gefühltermaßen mehr engagieren (müssen) als bei der Effektivität von Truppe und Material.

Dirk Vorderstrasse/CC BY 2.0

(APA/DPA/wg)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.