Kammeroper

„L'arbore di Diana“: Eine Göttin auf dem Schulklo

Bekritzelte Kabinen als Opern-Schauplatz: Die Produktion in der Wiener Kammeroper besticht vor allem mit vielversprechenden Stimmen – darunter Jerilyn Chou als Nymphe Britomarte und Christoph Filler als Doristo.
Bekritzelte Kabinen als Opern-Schauplatz: Die Produktion in der Wiener Kammeroper besticht vor allem mit vielversprechenden Stimmen – darunter Jerilyn Chou als Nymphe Britomarte und Christoph Filler als Doristo.Herwig Prammer
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„L'arbore di Diana“, verlegt auf den Abort einer Eliteschule, über die eine lustfeindliche Direktorin wacht: Das will nicht recht gefallen – ist aber erstaunlich stringent.

Auf der Schultoilette geht es heiß her: Da wird an sich selbst Hand angelegt, um den aufgestauten Trieben freien Lauf zu lassen. Hier flirten Putzfrauen mit überreifen Schülern. Dort entsorgt die Direktorin ein gebrauchtes Kondom ebenso wie ein Plakat mit der Aufschrift „I met God, she's black.“ Was sich an wollüstigem Treiben laut Lorenzo Da Pontes Librettos zu „L'arbore di Diana“ an der Kultstätte der Göttin Diana abspielt, hat Regisseur Rafael R. Villalobos für die Wiener Kammeroper auf den Abort einer Eliteschule verlegt. Das mag nicht jedermanns Sache sein, wiewohl es bei der Aufführung vergangene Woche – im Gegensatz zur Premiere Anfang Dezember – keine Buh-Rufe für die Inszenierung gab.

Aber auch wenn man kein Freund von Masturbation auf der Bühne ist, kann die Idee, diesen einzigen Ort der Freiheit für Liebe und Triebe inmitten des strengen Regelkorsetts einer Schule als Schauplatz für die Oper zu wählen, einleuchten. In den drei bekritzelten Kloabteilen (gewollt abstoßend: das Bühnenbild von Emanuele Sinisi) fallen Hemmungen und Schlüpfer. Villalobos zieht sein Konzept jedenfalls durch, Göttin Diana ist bei ihm eine Schuldirektorin, die ihre liebe Not damit hat, ihre Schützlinge von sexuellen Entgleisungen fernzuhalten. Ihre Nymphen sind hier Putzfrauen, die trotz grauenhafter Kluft für die Jünglinge mit aufkommenden Gelüsten zum Objekt der Begierde werden. Und Amor ist genderfluid und taucht immer wieder hinter einer Klotür auf, um Unruhe in die sowieso schon sexuell geladene Atmosphäre zu bringen.

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