Zum Baby mit Brechstange

Von wegen mündige Eltern: Die Frauenministerin hält davon offenbar nichts.

Okay, nicht nur vielen Österreichern hängt nach Wochen des Abschleifens und Abfederns die gesamte Debatte um das Budget zum Hals heraus. Den Regierungsmitgliedern geht es bestimmt ähnlich. Deswegen widmen sich manche von ihnen zum Start ins neue Jahr Themen, die ihnen entschieden lieber sind und ebenso wichtig erscheinen. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Im Fall von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek sind es ihr ganz spezielles Interesse und ihr erklärtes Ziel, dass sich möglichst viele Väter selbst um die Betreuung ihrer Babys kümmern. Und dass das Windelwechseln nicht nur den Müttern allein überlassen bleibt. In ihre vor wenigen Wochen gestartete Werbekampagne für mehr Väter in Karenz hat die Ministerin offenbar wenig Vertrauen. Sonst würde sie nicht laut über eine gesetzliche Verpflichtung für den Papamonat nachdenken.

Dabei hat die Regierung erst vor einem Jahr bewiesen, dass sie in der Familienpolitik einen gemeinsamen Weg, finden kann – ohne gleich zur Brechstange zu greifen und mit diesen den Eltern zu drohen. Das einkommensabhängige Kindergeld hat die Möglichkeiten der Eltern, sich die Karenz zu teilen, erweitert. Man glaubt es kaum! Die Eltern können die ihnen genehme Variante auch noch frei wählen!

Jetzt soll, wenn es nach der Frauenministerin geht, die Familie mit dem Pflicht-Papamonat also bald wieder zum gesellschaftspolitischen Exerzierfeld werden. Dem Trend folgend, dass statt der freien Entscheidung mündiger Menschen von der Wiege an alles per Gesetz reguliert werden muss. Ganz abgesehen von der Frage, ob für ein kleines Kind ein zwangsverpflichteter Macho tatsächlich das Beste für den Start ins Leben ist.

karl.ettinger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2011)

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