Randerscheinung

Christmas on the road

Carolina Frank
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„Ich will Weihnachten, wie es immer ist“, sagt der Jüngste und meint damit Baum, Bescherung und Basisfamilie.

Es gibt da also noch Unklarheiten, was das Programm für die heurigen Weihnachten betrifft. Variante A: Zu fünft zu Hause feiern. Variante B: Christmas on the road. O. k., das klingt jetzt spektakulärer, als es ist, wir könnten in den Westen fahren und dort den 24. Dezember mit der erweiterten Familie (elf Erwachsene, ein Kind, drei Hunde) verbringen.

Das ist für die Mehrheit von uns verlockend. Aber das eine Kind möchte lieber zu Hause bleiben, der eine Hund auch. Beim Hund ist das schnell erklärt: Die Gastgeberhündin, die doppelt so groß ist wie er, will gar nie (auch wenn nicht Weihnachten ist), dass er auf Besuch kommt. Und deshalb fürchtet er sich und bleibt lieber im Auto. Heiliger Abend im Kofferraum, wer findet das schon gut?

Beim Jüngsten ist das etwas komplizierter: Der will schon mit allen feiern, aber es ist halt kein Gleichaltriger weit und breit (er kann also sein Nachzüglerschicksal mit ­niemandem teilen), da wird es für ihn zwangsläufig langweilig. „Ich will Weihnachten, wie es immer ist“, sagt er und meint damit Baum, Bescherung und Basisfamilie, aber auch in den Tagen danach die Reste vom Heiligen Abend genüsslich auskosten. „Ich will aber lieber in der großen Gruppe feiern“, sagt der Mittlere. Meinen Hinweis darauf, dass man sich vielleicht, was das Christkind angeht, eher um die Wünsche des Jüngsten kümmern sollte, versteht er überhaupt nicht.

Noch eifersüchtiger als auf seinen kleinen Bruder ist er nur auf den Hund. Das Argument, es seien schon seine 21. Weihnachten, für seinen Bruder aber erst die 12., verfängt dann auch nicht. Ich komme immer mehr in das Alter, wo mir alles recht ist, wenn nur alle gesund sind. Und es nicht zu anstrengend ist. Aber das kann man sich leider beides nicht ­aussuchen.

("Die Presse Schaufenster" vom 09.12.22)

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