Gastkommentar

EU-Kandidatenstatus für Bosnien und Herzegowina: Der Beginn eines neuen Kapitels

Am 15. Dezember wurde Bosnien und Herzegowina der Kandidatenstatus der Europäischen Union verliehen: eine Botschaft an die Bürger und eine Aufgabe für die Politiker.

Josep Borrell ist seit 2019 Außenbeauftragter der EU und Vizepräsident der EU-Kommission.

Am Donnerstag haben die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union einstimmig beschlossen, Bosnien und Herzegowina den EU-Kandidatenstatus zu verleihen. Diese Entscheidung ist ein wichtiger Meilenstein, der die europäische Zukunft des Landes bestätigt. Sie entspricht den klaren Forderungen der Bürgerinnen und Bürger von Bosnien und Herzegowina nach einem Leben in Würde, Frieden und Wohlstand. Diese Entscheidung muss nun auch einen Anstoß für den Wandel in Bosnien und Herzegowina geben. Die politischen Entscheidungsträger haben den klaren Auftrag, mit entschlossenen und längst überfälligen Reformen voranzugehen, um dieses Ziel in die Realität umzusetzen.

Von Beginn meiner Amtszeit an habe ich mich dafür eingesetzt, dass Bosnien und Herzegowina weiterhin auf die Unterstützung der EU zählen kann. Wir haben intensiv daran gearbeitet, die politische Führung in Bosnien und Herzegowina dabei zu unterstützen, die Funktionsfähigkeit der Institutionen zu verbessern, die Herausforderungen im Bereich der Migration zu bewältigen und ein ehrgeiziges Reformpaket für die Wahlen vorzubereiten. Wir haben ein starkes Mandat für unsere Militärmission EUFOR/ALTHEA aufrechterhalten und die notwendige finanzielle Unterstützung bereitgestellt. Wie ich Anfang des Jahres in Sarajewo sagte: Unser Engagement für die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Stabilität in Bosnien und Herzegowina ist felsenfest. Wir sind und bleiben der Einheit, der territorialen Integrität und der Souveränität von Bosnien und Herzegowina uneingeschränkt verpflichtet.

Keine Neutralität zwischen Aggressor und Opfer

Die illegale und unprovozierte Aggression Russlands gegen die Ukraine hat uns alle daran erinnert, wie zerbrechlich der Frieden auf unserem Kontinent ist. Es kann keine Neutralität zwischen dem Aggressor und dem Opfer geben. Die EU und ihre Partner auf dem westlichen Balkan tragen gemeinsam die Verantwortung für den Aufbau eines demokratischen, stabilen und friedlichen Kontinents. BiH hat diese Verantwortung ernst genommen, die Aggression verurteilt und sich den beispiellosen Sanktionen der EU gegen die russische Führung angeschlossen. Diese Haltung zeigt: Unsere gemeinsame Zukunft basiert auf gemeinsamen Werten und Grundsätzen.

Die EU hat eng mit Partnern in der ganzen Welt zusammengearbeitet, um die negativen Auswirkungen der russischen Aggression auf die Lebensmittelversorgung, die Inflation, die Energie- und Rohstoffpreise zu mildern, und dies gilt auch für Bosnien und Herzegowina. Niemand hilft Bosnien und Herzegowina mehr als die EU, und wir tun dies ohne Hintergedanken. Die EU hat eine Milliarde Euro mobilisiert, um Familien sowie kleinen und mittleren Unternehmen in den westlichen Balkanstaaten bei der Bewältigung der steigenden Energiepreise zu helfen. Langfristig investieren wir in den grünen Wandel, um unsere Energieabhängigkeit zu beenden und gute Arbeitsplätze in der Region zu schaffen.

Es gibt noch viel zu tun

Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit der neu gewählten Führung in Bosnien und Herzegowina, die die europäische Integration des Landes in den Mittelpunkt ihres Handelns stellen wird. Es gibt noch viel zu tun: Der Kandidatenstatus ist nicht das endgültige Ziel, sondern der Beginn eines neuen Kapitels. Bevor die Beitrittsgespräche beginnen können, müssen die notwendigen Reformen ernsthaft beschleunigt werden. Diese Reformen sind nicht für "Brüssel" gedacht, sondern für die Verbesserung des täglichen Lebens aller Menschen in Bosnien und Herzegowina. Jeder Bürger hat in diesem Prozess eine Rolle zu spielen, auch wenn die Verantwortung für die Umsetzung letztlich bei den gewählten Behörden liegt.

Der Weg von Dayton nach Brüssel ist zwar nach wie vor beschwerlich, aber das Ziel ist nun in Sichtweite und der Fahrplan klar umrissen. Wir werden gemeinsam einen neuen Weg für BiH in die Europäische Union einschlagen.

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