Theologie

Was es mit diesen seltsamen Engeln auf sich hat

„Verkündigung an die Hirten“, Perikopenbuch Heinrichs II., um 1010.
„Verkündigung an die Hirten“, Perikopenbuch Heinrichs II., um 1010.Bayerische Staatsbibliothek
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Sie sind körperlos, aber sichtbar, es umstrahlt sie der Glanz des Himmels, und doch machen sie Angst: Im Essay „Angels and Saints“ geht Eliot Weinberger den obskuren Lichtgestalten mit nüchterner Poesie auf den Grund.

Wie sehen Engel aus? Fragt nach beim einfachen Volk, schlagt nach bei Lukas: Sie zeigen sich Hirten, die unrasiert und ungewaschen Nachtwache halten, mit ihren Sackpfeifen, Trinkflaschen und Hunden. „Da trat der Engel des Herrn zu ihnen“: Was sahen diese schlichten Gemüter? Warum „fürchteten sie sich sehr“, wo sie doch „der Glanz des Herrn umstrahlte“? Noch Rilke, fürwahr kein schlichtes Gemüt, hat Angst davor, dass ihn ein Engel ans Herz nimmt: „Ich verginge vor seinem stärkeren Dasein.“ Denn „das Schöne ist nur des Schrecklichen Anfang, den wir gerade noch ertragen“.

Über „der Engel Ordnungen“, mit denen Rilkes „Duineser Elegien“ anheben, haben vor allem Protestanten gelästert. Pseudo-Dionysius hieß der frühchristliche Autor, der diese seltsame Hierarchie aufstellte. Bei ihm tummeln sich, zwischen den Seraphim mit sechs Flügeln und den gewöhnlichen „Angeles“ mit deren zwei, auch noch Mächte, Gewalten, Herrschaften und Throne. Wie will er dieses „Sammelsurium“ beweisen, fragte Luther: „Ist das nicht alles seine eigene Fantasie und ganz wie ein Traum?“ Ist es wohl. Aber eben weil diese Boten Gottes, als Mittler zwischen Himmel und Erde, unsere Fantasie beflügeln und uns auch tagsüber träumen lassen, haben sie alle dogmatischen Anfechtungen mit der Gelassenheit der Unsterblichen überlebt. Stets unterstützt von Künstlern, die in ihnen Verbündete sehen – geht es doch auch in der Kunst darum, das Unbegreifliche sinnlich begreifen zu lassen.

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