Morgenglosse

Ihr Kinderlein kommet – aber bitte ein bisschen später

Bitte konkreter werden: Die niederösterreichische ÖVP muss ihren Wählerinnen schon etwas genauer erklären, wie sie die Verbesserungen der Kinderbetreuung auf den Boden bringen will.

Wer sich mit Reformen zu viel Zeit lässt, muss sie manchmal unter den ungünstigsten Umständen nachholen. Man kennt das von der Energiewende - und  bald in Niederösterreich von der Kinderbetreuung.

Schon lange ist bekannt, dass diese, sagen wir einmal vorsichtig, suboptimal ist. Was die Vereinbarkeit mit einem Vollzeitjob betrifft, rangiert Niederösterreich bei der Betreuung von Kleinkindern weit unterm Österreich-Durchschnitt, nämlich auf dem vorletzten Platz. Es gibt zu wenige Plätze und die sind zu teuer. Oftmals fressen die Kosten den Lohn eines Teilzeitjobs auf, was es für Mütter finanziell günstiger macht (Pensionsperspektive nicht eingerechnet), daheim zu bleiben. Eine Situation, die mit der Lebensrealität vieler Pendlerinnen (und Ex-Wienerinnen) nicht übereinstimmt.

Im Vorfeld der Landtagswahl beschloss die Landes-ÖVP spät aber doch massiv in die Kinderbetreuung zu investieren. Man tat nicht nur, aber auch auf Druck aller der Parteien, denen man im Wahlkampf keine Angriffsfläche bieten wollte. Und weil die macht-und marketingbewusste Landes-ÖVP nichts ohne Trommelwirbel tut, ist Niederösterreich nun „Kinderösterreich“.

Betreuungslücke bleibt

Das ist hochgegriffen. Zu hoch. Viele der Versprechen sind nämlich eher ein Nachholen als ein Vorauseilen. Wenn man etwa in Niederösterreich künftig mit zwei statt – wie bis jetzt - zweieinhalb Jahren in den Landeskindergarten darf, klafft immer noch eine einjährige Betreeungslücke, nämlich für jene Mütter, die die einkommensabhängige Kinderkindergeldvariante (12 bzw 14 Monate) wählen. Zudem haben nicht nur die politischen Mitbewerber Zweifel, ob die Ankündigungen auch realisiert werden.

Denn, wie gesagt, die Umstände könnten besser sein. Es herrscht Arbeitskräftemangel und die Gemeinden stöhnen unter gestiegenen Energie- und Personalkosten. In vielen niederösterreichischen Städten sind – nicht zuletzt dank Zuzug – die Kindergärten derart überbelegt, dass ganz neue gebaut werden müssen. Und es fehlen vor allem Pädagogen und Pädagoginnen. Auf Nachfragen beim Land, wie man letztere heranlocken werde, bleibt man bisher vage. Nur so viel: Bis 2027 werde man das Personal bereitstellen. Allerdings wird das Eintrittsalter in den Kindergarten bereits ab September 2024 gesenkt.

Von einem Rechtsanspruch auf einen Platz ab zwei Jahren hat die ÖVP zwar wohlweislich abgesehen. Aber die Erwartungshaltung der Wählerinnen lautet zu recht: Was bis 2024 versprochen wird, soll 2024 gehalten werden. Und nicht: Ihr Kinderlein kommet – aber bitte ein bisschen später.

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