Gastkommentar

Quo vadis Österreich im nächsten Jahr?

(c) Peter Kufner
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Der jüngste FPÖ-Höhenflug sollte die einstigen Großparteien SPÖ und ÖVP endlich aufrütteln.

Der Autor:

Johannes Kunz
(* 1947 in Wien), arbeitete beim Hörfunk des ORF, ehe er von 1973 bis 1980 als Pressesprecher von Bruno Kreisky ins Bundeskanzleramt wechselte. 1982 Rückkehr in den ORF, wo er von 1986 bis 1994 als Informationsintendant amtierte. Autor mehrerer Bücher zu politischen Themen und Jazzmusik.

Der Jahreswechsel ist ein Zeitpunkt, zu dem man sein eigenes Tun und Handeln kritisch hinterfragt und versucht, daraus die richtigen Schlüsse für die Zukunft zu ziehen bzw. das eigene Verhalten einer Korrektur zu unterziehen. Das gilt im Privat- und Geschäftsleben ebenso wie in der Politik. Diesmal müssen sich vor allem die einst großen Parteien der politischen Mitte, Volkspartei und Sozialdemokratie, einer kritischen Selbstreflexion stellen: Wieso konnten sie gegenüber einer immer mehr in den Radikalismus abdriftenden Freiheitlichen Partei derart ins Hintertreffen geraten?

Als im Mai 2019 die ÖVP-FPÖ-Koalition nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos mit kompromittierenden Äußerungen von Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus zerbrochen war, schienen sich die Freiheitlichen für lange Zeit ins politische Out manövriert zu haben. Mittlerweile zeigt sich ein völlig anderes Bild.

Das erste Halbjahr 2023 beschert uns Landtagswahlen in drei Bundesländern (Niederösterreich, Kärnten und Salzburg). Deren Resultate werden uns das Stimmungsbild im Land veranschaulichen. Im Moment sind wir diesbezüglich auf Meinungsumfragen angewiesen, und die sehen bundesweit die FPÖ vor der SPÖ und einer weit abgeschlagenen ÖVP. Nun sind Meinungsumfragen keine Wahlprognosen, sondern Momentaufnahmen. Und die nächste Nationalratswahl steht, sofern die Koalition aus Volkspartei und Grünen ihre immer deutlicher öffentlichkeitswirksam ausgetragenen Kontroversen hintanstellt und -hält, erst 2024 an. Aber der sich seit Längerem verfestigende Trend, wonach die Freiheitlichen auf Platz eins des Parteienrankings stehen, muss deren Konkurrenz alarmieren. Mitte Dezember kratzte die FPÖ bereits an der 30-Prozent-Marke, während die SPÖ von der Umfragen-Pole-Position auf 25 bis 27 Prozent zurückfiel und die Kanzlerpartei ÖVP gerade etwas mehr als 20 Prozent Zustimmung (2019: 37,5 Prozent) schaffte. Und schon wünschen sich etwa 40 Prozent der Österreicher möglichst rasche Neuwahlen.

Kurs gegen „die Altparteien“

Parteichef Herbert Kickl ist zwar außerhalb der FPÖ unbeliebt, hat es aber verstanden, die Freiheitlichen auf eine Fundamentalopposition gegen die „Altparteien“, „das System“, „die Eliten“, „die Mainstream-Medien“, „die Brüsseler EU-Bürokraten“ usw. einzuschwören. Kickl sieht sich in einer Front mit den anderen Führungsfiguren der europäischen Neuen Rechten von Salvini über Le Pen bis zu Orbán. Diese selbst ernannten „Patrioten“ eint die Sympathie für autoritäre Figuren wie Putin oder Trump, die Ausländerfeindlichkeit mit schroffer Ablehnung einer Zuwanderung aus muslimischen Ländern (Stichwort „Bevölkerungsaustausch“) und die Stärkung der Nationalstaaten („Österreich zuerst“) bei gleichzeitiger Schwächung der Europäischen Union.

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