Vatikan

Benedikt XVI.: "Bereit, vor seinen göttlichen Richter zu treten"

VATICAN-POPE-VESPERS-CRIB-FILES
VATICAN-POPE-VESPERS-CRIB-FILESAFP via Getty Images
  • Drucken

Die Gesundheit des 2013 zurückgetretenen römisch-katholischen Kirchenoberhauptes hat sich in den vergangenen Tagen stark verschlechtert. Nun gibt es Gebetsaufrufe für den 95-Jährigen.

Wenige Tage nach Weihnachten wurden die katholische Kirche und die Christenheit am Mittwoch von der Nachricht überrascht, dass sich die Gesundheit des emeritierten Papstes Benedikt XVI. offenbar innerhalb kurzer Zeit stark verschlechtert hat. Papst Franziskus, seit 2013 sein Nachfolger, rief bei der Generalaudienz am Mittwoch zum Gebet für den bereits 95-Jährigen auf: „Denkt an ihn, er ist sehr krank, und bittet den Herrn, ihn zu trösten und ihn in diesem Zeugnis der Liebe zur Kirche bis zum Ende zu unterstützen", sagte Franziskus (86).

Wenig später hieß es, die Verschlechterung der Gesundheit sei „aufgrund des fortschreitenden Alters" und binnen Stunden eingetreten, die Lage aber vorerst unter Kontrolle. Was medizinisch dahintersteckt, etwa ein Schlaganfall oder beginnendes Versagen innerer Organe, wurde nicht vermeldet. Die Rede war von Atemproblemen.

Franziskus suchte nach der Generalaudienz seinen Vorgänger auf, der im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan wohnt. Zahlreiche Politiker und Kirchenvertreter, etwa die katholischen Bischöfe Deutschlands sowie der deutsche Bundeskanzler, Olaf Scholz, riefen zum Gebet auf und sandten Genesungswünsche.

FILES-VATICAN-RELIGION-POPE
FILES-VATICAN-RELIGION-POPEAPA/AFP/VATICAN MEDIA/HANDOUT

Benedikt – bürgerlich Joseph Aloisius Ratzinger – stammt aus der bayrischen Gemeinde Marktl am Inn nahe Braunau (OÖ). Kardinal Gerhard Ludwig Müller hatte Benedikt erst am Montag als immer noch geistig fit bezeichnet. Er sei „trotz der Gebrechen des Alters bei wachem Verstand", sagte Müller, der dabei allerdings ergänzte, dass Benedikt bereit sei, „jederzeit vor seinen göttlichen Richter zu treten“.

Der deutsche Papst

Benedikt XVI., gewählt im April 2005, war und ist auch nach seiner Emeritierung im Februar 2013 der erste Papst, der aus Deutschland in dessen moderner staatlicher Form stammt. Als „deutsche Päpste" vor ihm gelten solche, die man im weitesten Sinn dem kulturell/sprachlich deutschen Raum des einstigen Heiligen Römischen Reiches zuordnen kann. Der erste davon war Gregor V. (996–999) geboren als Bruno von Kärnten bei Stainach im Ennstal, damals Teil des Herzogtum Bayerns; der letzte war Hadrian VI. (1522/23), er kam aus dem heute niederländischen Utrecht. Bisweilen gilt auch der in Rom geborene Ostgote Bonifatius II. als erster deutscher Papst (530–532), lange vor der Reichsgründung anno 800 (nach anderer Ansicht 962) noch in der Epoche der Merowinger.

Uni Heidelberg/gemeinfrei

Das vatikanische Verzeichnis listet 266 römische Päpste auf, dazu kommen etwa 40 Gegenpäpste bzw. Sonderfälle. Vor Benedikt hatte nur Kurzzeit-Papst Coelestin V. (1294) freiwillig aufs Amt verzichtet – aus Gründen der Gesundheit, er war aber auch massiv überfordert und wollte wieder Einsiedler sein. Vier weitere „reguläre“ römische Päpste traten de facto unfreiwillig zurück.

Bekennend konservativ und wider die Linke

Vor seiner Wahl war Ratzinger, der Sohn eines Gendarmen und einer Köchin, Professor für katholische Dogmatik an deutschen Universitäten gewesen, Erzbischof von München und Freising, als Kurienkardinal Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre (1982–2005) und Dekan des Kardinalskollegiums (2002–2005).

Der konservative Denker galt als einflussreiche rechte Hand seines aus Polen stammenden Vorgängers Johannes Paul II. (1978–2005). Der Bayer blieb im Vatikan auch an dessen Spitze eine kontroverse Persönlichkeit, die von liberalen Katholiken kritisiert wurde, von konservativen verehrt. Dazu kam indes seine Verwicklung in den Missbrauchskandal an geistlichen Schulen in (nicht nur) Deutschland, bei dem ihm Wegschauen und Vertuschung zu seinen Zeiten als Bischof vorgeworfen wurden.

Nebenher verärgerte er zeitweise die muslimische Welt durch Kritik am Islam, wobei er sich freilich teils nur historischer Zitate bedient hatte. Gewisse Reibungsflächen gab es auch mit Juden - sowie mit linkskatholischen Kreisen und (meist areligiös) Liberalen, etwa wenn es um Themen wie Abtreibung, die Ehe für Homosexuelle, kulturellen Relativismus und linke politische Korrektheit ging. 

Ein mittleres Erdbeben

Seine Absicht, aus Mangel an physischen und psychischen Kräften zurückzutreten, gab er am 11. Februar 2013 vor dem Kardinalskollegium mit Wirkung zum Monatsende bekannt, was ein mittleres Erdbeben auslöste. Die Papstwahl verlief dann relativ glatt und erbrachte mit dem Argentinier Jorge Mario Bergoglio als Franziskus den ersten Papst mit diesem Namen, den ersten Jesuiten und zugleich ersten Amerikaner auf dem Papstthron.

(wg/ag.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Nach den Nachrichten zum schlechten Gesundheitszustand von Benedikt XVI. stellt sich die Frage, wie das Drehbuch nach seinem Tod aussehen könnte. 700 Jahre trat kein Papst mehr zurück - Benedikt tat das im Februar 2013.
Protokollarisches Neuland

Was im Falle des Todes von Benedikt geschehen würde

Der Vatikan hat genau geregelt, was nach dem Tod eines amtierenden Papstes geschieht. Wie könnte aber das Drehbuch eines emeritierten Pontifex aussehen?
Benedikt XVI. unterstützt laut Franziskus "in der Stille die Kirche". (Archivbild)
Gebete

Emeritierter Papst Benedikt offenbar "sehr krank"

Papst Franziskus ruft bei der wöchentlichen Generalaudienz zu besonderen Gebeten für seinen Vorgänger auf. Dessen Gesundheitszustand Benedikts habe sich in den vergangenen Stunden verschlechtert, heißt es aus dem Vatikan.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.