Arbeitsbedingungen

Personalmangel in Justizanstalten: Belagskapazität am Limit

Personalmangel in der heimischen Justiz führt zu großen Herausforderungen
Personalmangel in der heimischen Justiz führt zu großen HerausforderungenDie Presse/Clemens Fabry
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Großer Bedarf, geringer Personalstand: Mit diesem Problem haben nicht nur Pflege, IT und Gastronomie zu kämpfen. Viele Branchen sind davon betroffen. Auch die Justizwache kann nur mehr das Nötigste leisten.

Um dem Personalmangel in der heimischen Justiz entgegenzuwirken, wurde kürzlich eine große Recruiting-Offensive gestartet. Unter dem Slogan „Karriere hinter Schloss und Riegel“ sollen Berufseinsteigende und Interessenten dazu angehalten werden, sich für die Berufe in der Justiz zu begeistern. Denn: Der Mangel an Arbeitskräften wird zu einem Problem für Mitarbeitende, Insassen und Gesellschaft.

Insgesamt bietet die österreichische Justiz mehr als 12.000 Arbeitsplätze, unter anderem als Richter, Staatsanwältin, Diplomrechtspfleger oder in der Justizwache, an. Derzeit fehlt es jedoch in nahezu allen Bereichen an Personal. Dieser Missstand führt neben Überstunden, Belastung und Stress zu einer Verschlechterung der generellen Haftbedingungen, berichtet das Ö1-"Morgenjournal“ am Donnerstag. Somit wird es den aktuell rund 8.100 Insassen österreichischer Justizanstalten erschwert, wieder in den Arbeitsmarkt einzusteigen und sich in die Gesellschaft zu reintegrieren.

Mit 8107 inhaftierten Personen in Justizanstalten ist die Belagskapazität bereits zu 95,29 Prozent ausgelastet, zeigt die Statistik der Justiz im Dezember. Rechne man den akuten Personalmangel in der Justizwache hinzu, seien sie allerdings bereits überfüllt, sagt Kriminalsoziologin Veronika Hofinger von der Uni Innsbruck im "Morgenjournal". Dadurch komme es auch zu eklatanten Mängeln in der Betreuung der Insassen: „Bereits ab dem frühen Nachmittag sind die Häftlinge praktisch sich selbst überlassen, für die Resozialisierung wird eigentlich nichts mehr getan.“

Erfolgreiche Reintegration braucht Praxisbezug

Es sei unerlässlich, Betroffene während ihrer Haftstrafe ein Gefühl der Normalität und des Alltags zu geben. In kleinen Gruppen oder Teams zu arbeiten, Kurse anzubieten und Talente zu fördern, bereite darauf vor, wieder in einen Berufs- und privaten Alltag einfinden zu können, beschreibt Hofinger. Doch ebendiese Betriebe und Werkstätten, in denen die inhaftierten Personen arbeiten sollen, können oft nicht mehr betreut werden und bleiben geschlossen.

Dadurch steigt auch Frust, Aggression und Gewaltbereitschaft, denn: „Wer fast nur noch in der Zelle sitzt und keine Beschäftigung hat, leidet.“ Ihrer Ansicht nach sei es dringend notwendig, in das Personal der Gefängnisse zu investieren, um die Resozialisierung und damit die Sicherheit in der Gesellschaft zu verbessern.

Altes Problem, neue Mittel?

Außerdem spricht sie von einer Verringerung der Haftzahlen durch alternative Maßnahmen, wie beispielsweise der elektronischen Fußfessel. Dabei werde ermöglicht, Personal zu entlasten, auf einen größeren Personenkreis auszuweiten und Betroffene in ihrem sozialen Umfeld zu lassen, sagt die Kriminalsoziologin. Es sei ein Vorhaben, das die ÖVP-Grüne Koalition bei ihrem Antritt auch ins Regierungsprogramm aufgenommen hat. 

Der Notstand ist demnach kein unbekanntes Problem, laut Justizministerium werde eine Gesetzesnovelle für die Reformierung des Strafvollzugs bereits erarbeitet. Man bemühe sich - neben den großangelegten Werbekampagnen - auch darum, mehr Geld für den Strafvollzug zu investieren. Dabei ist die Rede von zusätzlichen 113 Millionen Euro im kommenden Jahr. Es bleibt abzuwarten, in welcher Form diese Summe hinter Schloss und Riegel gebracht wird.

(est )

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