Bis zu 150.000 Tonnen Tiernahrung könnten belastet sein, Bauern verlangen Entschädigung. Der Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure beklagt, dass in Deutschland bis zu 1500 Kontrolleure fehlten.
Berlin/E.m./Ag. Der Skandal um Dioxin in Futtermitteln hat ein größeres Ausmaß als zunächst angenommen, der Druck auf die Herstellerfirma wächst. Nach einem Bericht der Regierung produzierte die Firma „Harles und Jentzsch“ aus Uetersen in Schleswig-Holstein 3000 Tonnen Futterfett unter Verwendung technischer Mischfette, die zumindest in Teilen mit dem krebserregenden Dioxin verseucht waren; zuvor war von rund 500 Tonnen die Rede gewesen. Da immer nur geringe Mengen Fett unter das Futter gemischt werden, sind bis zu 150.000 Tonnen Tiernahrung belastet.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Geschäftsführung des Betriebes, am Mittwoch wurden im Rahmen einer Razzia Beweismittel sichergestellt. Der Deutsche Bauernverband will von den Futtermittelherstellern Entschädigungen fordern.
Die Darstellung von „Harles und Jentzsch“, wonach Dioxin durch einen Fehler beigemischt worden sei, wird bezweifelt. Die zuständige Ministerin Ilse Aigner vermutet vielmehr, dass bewusst Industriefette für die Herstellung von Tierfutter verwendet wurden. Laut dem Landwirtschaftsministerium wurden keine verseuchten Futtermittel in die EU exportiert, Anfang Dezember gingen allerdings 136.000 verdächtige Eier in die Niederlande.
Nach den Dioxin-Funden soll nun rasch über schärfere Produktionsvorgaben und strengere Kontrollen beraten werden. Nordrhein-Westfalen beantragte eine Sondersitzung der Verbraucherschutzministerkonferenz. Der Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure beklagt, dass in Deutschland bis zu 1500 Kontrolleure fehlten; Lebensmittelsicherheit sei eine „Mogelpackung“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2011)