Immobilien

Sind die Mieter die Gewinner der Immobilien-Flaute?

Der Markt verändert sich. Das hat Auswirkungen auf die Mietpreise.
Der Markt verändert sich. Das hat Auswirkungen auf die Mietpreise.APA/dpa/Julian Stratenschulte
  • Drucken

Immobilien zu bauen, zu finanzieren und zu unterhalten wird immer teurer. Die Nachfrage nach Eigentum sinkt Maklern zufolge. Könnte davon der Mietermarkt profitieren?

Lang galt der Erwerb einer Immobilie als kluge Investition. Schließlich stiegen die Preise in einem ungekannten Ausmaß 18 Jahre lang an. Doch seitdem die Europäische Zentralbank (EZB) die Nullzinspolitik beendete, kam es zur Schockstarre auf dem Immobilienmarkt. Zusätzlich mischt die Politik mit neuen Regularien zu Kreditvergabe, Wärmeausbau und Hypotheken die Branche auf.

„Wir hatten Wachstumsraten, die wir noch nie hatten“, sagt der Vorstand des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI), Andreas Wollein. „Alle wussten, das kann nicht so weitergehen.“ In der Vergangenheit profitierten Immobilienkäufer von günstigen Krediten. Sie konnten von einer kräftigen Preissteigerung ausgehen. Trotz Kosten für Instandhaltung und Nebenkosten wie Grunderwerbssteuer, Makler und Notar gelang beim Verkauf noch ein Gewinn. Daher galt die Immobilie als sichere Vorsorge.

Instandhaltung wird teuer

Doch nicht nur die Preise für Wohnimmobilien galoppierten davon, sondern auch die Zinsen für die Finanzierung. Die EZB erhöhte den Leitzins zuletzt auf 2,5 Prozent. Bei einem variablen oder erst neu erhaltenen Kredit muss man genauer rechnen, selbst wenn man die Immobilie vermieten will. Laut ÖVI sehen sich Vermieter, aber auch Bauträger mit „extrem hohen Kostenbelastungen bei Sanierungen und Instandhaltungen“ konfrontiert. Denn Energie- und Baukosten belasten. Der Baukostenindex für den Wohnhaus- und Siedlungsbau in Österreich stieg im November 2022 um 6,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat.

Doch damit nicht genug.

Mit dem Erneuerbaren-Wärme-Gesetz drohen den Eigentümern zusätzliche Kosten. Dieses sieht den Ausstieg aus Gasheizungen bis 2040 und aus Ölheizungen bis 2035 vor. Die geplante öffentliche-rechtliche Verpflichtung sei nicht mit dem bestehenden Wohnrecht kompatibel, sagt ÖVI-Geschäftsführer Anton Holzapfel. Und ab 1. Juli müssen nicht mehr Mieter die Makler bezahlen, sondern der Besteller, meist der Vermieter.Trotz der höheren Kosten und stärkeren Finanzierungsbelastung sieht Immobiliensachverständiger Wollein keinen Verkaufsdruck. „Es gibt nicht viele Marktteilnehmer, die verkaufen müssen.“ Wohnimmobilien blieben mit zwei bis drei Prozent werthaltig.

Einerseits liegt die Inflation schon bei zehn Prozent. Die Immo-Experten rechnen damit, dass sich die Inflation wieder „einpendeln“ wird. Anderseits drehte sich laut der Oesterreichischen Nationalbank der Wind schon im vergangenen Herbst. Im dritten Quartal 2022 legten die Preise für Wohneigentum nur noch minimal zu. Gebrauchte Eigentumswohnungen in Wien wurden sogar um 0,2 Prozent billiger.

Werden Mieten sinken?

Wollein sagt, dass die Nachfrage nach Eigentum nachgelassen habe. Dafür seien die Nachfragen bei den Mietobjekten um zehn Prozent gestiegen. Was bedeutet das für die Mietpreise? Heimische Experten schauen gern nach Deutschland. Denn meist folgt der österreichische Markt der Entwicklung dort. 71 Prozent der Wohnungsunternehmen in Deutschland gehen laut aktuellem ZIA-IW-Index von einer Steigerung der Mieten aus. Dies sind allerdings weniger als im vorherigen Quartal (85 Prozent). Zudem muss berücksichtigt werden, dass auch bei einer Steigerung angesichts der hohen Inflationsrate die Realmieten letztlich sinken.

Im April 2022 wurden hierzulande die Richtwertmieten zunächst um etwa sechs Prozent angehoben. Davon waren eine Dreiviertelmillion Mieter getroffen. Damit ist das Thema auch für die Politik brisant, und die Diskussion um einen Mietdeckel flammt wieder auf. Immerhin mietet die Hälfte der Österreicher und liegt damit deutlich über dem EU-weiten Durchschnitt von 30 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2023)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Immobilien

Kommt nach der Immo-Party im Jahr 2023 ein böser Kater?

Ungebrochen stiegen die Immobilienpreise in die Höhe, und das 18 Jahre lang. Haus und Wohnung boten eine beliebte wie sichere Investitionsmöglichkeit. Doch nun wird sich einiges ändern.
Schon jetzt befürchten 19 Prozent, ihre Wohnkosten nicht mehr oder nicht rechtzeitig bezahlen zu können (Archivbild).
Immobilien

Wie Wohnkosten Haushalte an den sozialen Abgrund drängen

Viele Haushalte müssen sich warm anziehen. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn Wohnen und Heizen werden teurer. So sehr, dass immer mehr Menschen in die finanzielle Schieflage geraten. Wer trägt Schuld dafür?

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.