Abschied

"Santo subito"? Benedikt XVI. im Petersdom aufgebahrt

Der Leichnam Joseph Ratzingers wird drei Tage lang bis zu seiner Beerdigung am Donnerstag öffentlich im Petersdom aufgebahrt sein.
Der Leichnam Joseph Ratzingers wird drei Tage lang bis zu seiner Beerdigung am Donnerstag öffentlich im Petersdom aufgebahrt sein.APA/AFP/TIZIANA FABI
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Der Leichnam des emeritierten Papstes wird im Petersdom öffentlich aufgebahrt. Benedikts Privatsekretär, Bischof Gänswein, hält eine baldige Heiligsprechung für möglich. Er will schon 2012 von den Rücktrittsplänen seines Chefs erfahren haben.

Der Leichnam des emeritierten Papstes Benedikt XVI. ist seit Montag im Petersdom in Rom aufgebahrt. Hunderte Gläubige standen im Vatikan bereits vor Öffnung der Tore Schlange, um dem am Samstag verstorbenen früheren Pontifex die letzte Ehre zu erweisen. Der Leichnam Joseph Ratzingers wird bis zu seiner Beerdigung am Donnerstag öffentlich aufgebahrt bleiben. Am Montagvormittag pilgerten 10.000 Personen zu Benedikts Leichnam.

Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und Präsident Sergio Mattarella zählten zu den ersten Besuchern, die dem emeritierten Papst im Petersdom die letzte Ehre erwiesen. Der Leichnam von Benedikt XVI. in einem roten Messgewand liegt vor dem Bernini-Altar im Petersdom. Neben dem Sarg stehen zwei Schweizergardisten. Auch sein Privatsekretär Georg Gänswein hielt Montag früh Totenwache. Gänswein wusste nach eigenen Angaben schon seit Ende 2012 von Benedikts Rücktrittsplänen. "Meine unmittelbare Reaktion war: 'Heiliger Vater, das ist unmöglich, das ist einfach nicht möglich'", so Gänswein im Interview mit der römischen Tageszeitung "La Repubblica" (Montagsausgabe).

„Santo subito"?

Gänswein hält es für möglich, dass auch für Benedikt XVI. Forderungen nach einer baldigen Seligsprechung laut werden. Dies sagte er in einem am Sonntagabend verbreiteten Interview des privaten katholischen Fernsehens "EWTN", wie Kathpress meldet.

Unter dem italienischen Slogan "santo subito" hatte es dieses Phänomen zuletzt beim Begräbnis von Johannes Paul II. im April 2005 gegeben. Er wurde 2011, bereits sechs Jahre nach seinem Tod, selig-, und drei weitere Jahre später heiliggesprochen. Damit war er der am schnellsten heiliggesprochene Papst der Neuzeit. Im Regelfall gibt es in der katholischen Kirche nach dem Tod einer Person eine fünfjährige Wartezeit, bevor ein Seligsprechungsverfahren offiziell eingeleitet werden kann. Diese hatte Benedikt XVI. im Fall seines Vorgängers aufgehoben.

Gänswein antwortete auf die Frage "Also santo subito?" mit den Worten: "Ich glaube, dass es in diese Richtung gehen wird."

Zehntausende Menschen erwartet

Ein doppelter Ring von Tausenden von Menschen umgab am Montag den Petersplatz in Rom. Die Pilger warteten geduldig darauf, die Basilika zu betreten, um dem verstorbenen emeritierten Papst die Ehre zu erweisen. Nach den Schätzungen der letzten Tage werden während der Aufbahrung bis Mittwochabend etwa 30.000 Menschen pro Tag erwartet.

Bis 19 Uhr sollten laut Deutscher Presse-Agentur die Tore des Petersdoms am Montag für Besucher geöffnet sein, am Dienstag und Mittwoch können Menschen von 7 bis 19 Uhr in die Kirche und am aufgebahrten Benedikt vorbeigehen. Am Donnerstag ist dann der große Trauergottesdienst geplant, den um 9.30 Uhr Papst Franziskus selbst zelebrieren will. Auf Livebildern von "Vatican News" waren am Montagvormittag lange Menschenschlangen auf dem Petersplatz zu sehen. Zu dem Requiem, das nach dem Wunsch von Benedikt schlicht gehalten sein dürfte, werden laut Angaben der Präfektur von Rom bis zu 60.000 Menschen erwartet. In Österreich wird der Fernsehsender ORF2 am Donnerstag die Trauerfeiern live übertragen, wie ein ORF-Sprecherin am Montag bestätigte.

Grab, in dem schon zwei Vorgänger ruhten

Benedikt XVI. wird seinem Wunsch gemäß im früheren Grab seines Vorgängers Johannes Paul II. beigesetzt. Das bestätigte der Sprecher des Heiligen Stuhls, Matteo Bruni, am Montag vor Journalisten. Seine letzte Ruhestätte wird damit in der Krypta des Petersdoms sein.

Papst Johannes Paul II. wurde nach seinem Tod 2005 in der Krypta des Petersdoms im früheren Grab von Johannes XXIII. beigesetzt. Einige Jahre später wurden seine sterblichen Überreste neben die Pietà Michelangelos im Petersdom umgebettet, weshalb sein Grab in den Vatikanischen Grotten, wie die Krypta auch genannt wird, frei ist.

Sicherheitsvorkehrungen in Rom

Rom trifft für das Begräbnis des emeritierten Papstes besondere Sicherheitsvorkehrungen. Wie schon in der Vergangenheit bei der Beisetzung des 2005 verstorbenen Papstes Johannes Paul II. und bei großen Heiligsprechungszeremonien werden mehr als 1.000 Polizisten eingesetzt, wie aus der römischen Präfektur am Sonntag verlautbarte. Die Zahl der Metalldetektoren zur Kontrolle der Gläubigen beim Zugang zum Petersplatz wird erhöht.

Benedikt XVI. war von 2005 bis 2013 Oberhaupt der katholischen Kirche, ehe er mit seinem Rücktritt für eine Sensation sorgte. Danach lebte er im Kloster Mater Ecclesiae in den Vatikanischen Gärten.

Essay wird posthum veröffentlicht

Wie am Montag bekannt wurde, hat Benedikt XVI. am Ende seines Lebens zugestimmt, seine letzten Überlegungen zu einigen grundlegenden Themen der christlichen Religion in einem Essay zusammenzufassen. Der Essay wird posthum vom Mailänder Mondadori-Verlag auf Italienisch mit dem Titel "Che cos'è il Cristianesimo" ("Was ist das Christentum") veröffentlicht.

Dabei handle es sich um ein "spirituelles Testament", das ab dem 20. Jänner in den italienischen Buchhandlungen erscheint. Das Buch enthält die Texte, die der emeritierte Papst während seines Aufenthalts im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan geschrieben hat, sowie einige unveröffentlichte Essays.

(APA/dpa)

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