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Pizzicato

Letzte Worte

Mancherlei Mysterium umweht das Ableben der Päpste, und der Vatikan war seit jeher wirkmächtig darin, die Mythenbildung zu befördern.

„Jesus, ich liebe dich“, soll Papst Benedikt XVI. – wortgleich wie Mutter Teresa – also gesagt haben, ehe er sein Leben ausgehaucht habe, kolportierte erst die Zeitung „La Nácion“ in Buenos Ares mit gutem Draht zu Papst Franziskus. Tags darauf korrigierte der Vatikan-Sprecher geringfügig: „Herr, ich liebe dich.“

Der deutsche Papst sprach indes in seiner Muttersprache – und nicht auf Italienisch, wie es in der ersten Version geheißen hatte. Und auch nicht in Latein wie bei seiner Rücktrittsrede, was womöglich Missverständnisse bis Unverständnis ausgelöst hätte. Schlicht, kurz und prägnant: Der Moraltheologe Benedikt hielt sich an das unerreichte Diktum seines Chefs am Kreuz: „Es ist vollbracht.“

Im Versuch, ein Zitat für die Nachwelt zu überliefern, das einen selbst überlebt, werden letzte Worte oft aufgepeppt. Der Tod – eine Banalität? Gott bewahre! „Mehr Licht“, soll Geheimrat Goethe auf dem Weg zur Erleuchtung gesagt haben. Dabei bat er nur: „Macht den zweiten Fensterladen auf, damit mehr Licht hereinkommt.“ Der listige Mark Twain riet indessen dazu, letzte Worte beizeiten zu notieren, sodass sie für den Fall des Falls parat sind – und die Inspiration einen in der letzten Stunde nicht im Stich lässt. (vier)

Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2023)