Morgenglosse

Es geht nichts über Altjahresvorsätze

Die Koalition will die Verschärfung des Korruptionsstrafrechts nun doch umsetzen. Das hätte Symbolkraft - aber da wäre noch eine andere wichtige Sache.

Während andere mit Neujahrsvorsätzen beschäftigt sind, feilt die Koalition an einem Altjahresvorsatz. Die schon in mehreren vergangenen Jahren angekündigte Novelle des Korruptionsstrafrechts soll nun (wahrscheinlich, vielleicht, also hoffentlich doch ganz bald) kommen. Als Folge der Ibiza-Affäre würde es dann strafbar werden, auch im Hinblick auf erst künftige Ämter unredliche Absprachen zu treffen. Und auch der Mandatskauf soll künftig strafbar sein.

Achten wird man dabei darauf müssen, dass man die Paragrafen konkret genug hinbekommt. Sodass nicht jede Ansage für eine ganz ferne Zukunft bestraft wird. Und natürlich muss es möglich bleiben, Politiker unterstützen zu dürfen, weil man ihre Ideologie oder Ansichten gut findet.

Aber wenn ein Kandidat etwa mit einer Oligarchin (es könnte ja vielleicht auch einmal eine echte sein) finanzielle Unterstützung im Wahlkampf gegen Aufträge für sie als womöglich künftiger Minister abtauschen will, sollte dies sehr wohl strafbar sein. Oder man denke nur an die lokale Ebene: Ein Bürgermeister und ein Gegenkandidat rittern um das Amt. Der amtierende Bürgermeister (er hat ja ein Amt) darf momentan keine Wahlkampfunterstützung gegen dubiose Versprechen abtauschen, der Gegenkandidat (noch ohne Amt) schon. Das schreit nach einer Gesetzesänderung.

Beim Chatten vorsichtiger

Klar sein muss man sich aber darin, dass die lange Diskussion über das Vorhaben die kleine Reform nicht größer macht. Es handelt sich um das Schließen von Lücken im Korruptionsstrafrecht, nicht mehr und nicht weniger. Und die wenigsten Politiker werden sich während dubioser Abreden im Unterhemd filmen lassen. Auch beim Chatten werden viele künftig nicht nur beim Setzen von Smiley-Zeichen vorsichtiger sein.

Aber apropos Zeichen, gerade als solches taugt die Novelle: Die Mischung aus einem verschärften Strafrecht und dem für manche vielleicht erst in den vergangenen Jahren erlernten Wissen, dass die Behörden Strafbares dann auch verfolgen, hat Symbolkraft. Daraus kann sich eine präventive Wirkung auf Politik und Gesellschaft entfalten. Die beste Prävention wäre freilich das Wissen, dass es gar nicht erst geheim bleiben kann, wenn man Staat und Partei verwechselt.

Womit wir bei der Informationsfreiheit und der ebenfalls noch nicht umgesetzten (weitgehenden) Abschaffung des Amtsgeheimnisses wären. Aber wer weiß, vielleicht kann sich die Koalition ja im neuen Jahr gleich noch einen Altjahresvorsatz zu Herzen nehmen.

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