Interview

ÖGK-Chef: "Das Gefährlichste ist, wenn Politiker ihre eigene Propaganda glauben"

Daniel Novotny
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Bernhard Wurzer, Generaldirektor der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), spricht über die Versorgungswirksamkeit von Wahlärzten, Stipendien für Medizinstudenten, um den Kassenärztemangel zu bekämpfen, und über eine von den Ländern ins Spiel gebrachte dritte Säule zur Finanzierung des Gesundheitssystems.

„Ich weiß nicht, ob ein zusätzlicher Topf die Finanzierung einfacher macht“, sagt Bernhard Wurzer, Generaldirektor der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), zum Vorstoß der Bundesländer, wonach Ambulanzen, Gruppenpraxen und Primärversorgungseinheiten von einer dritten Säule (neben den Ländern und der Sozialversicherung) finanziert werden sollte. Diese Säule könne zum Beispiel der Bund sein. Bisher wird der niedergelassene Bereich hauptsächlich von der Sozialversicherung bezahlt, die Spitäler hingegen hauptsächlich von den Ländern. Für Wurzer ist das wichtigste Mittel zur Steuerung von Patienten Transparenz. „Ich möchte wissen, was in den Ambulanzen passiert, welche Leistungen dort für die Patienten erbracht werden“, sagt er. „Die Sozialversicherung zahlt einen Pauschalbetrag für Leistungen in Ambulanzen, hat aber keinerlei Einfluss darauf, wie dieser Betrag verwendet wird. Daher sollte zunächst einmal die genaue Aufteilung der Kosten in einer Ambulanz erstellt werden. Dann können wir darüber reden, an welchem Ort im niedergelassenen Bereich die Patienten am besten aufgehoben sind."

Die steigende Zahl an Wahlärzten sei vor allem auf das neue Ärztearbeitsgesetz zurückzuführen, das seit 2015 gilt. „Durch die Möglichkeit, im Spital für eine Vollzeitstelle weniger Stunden machen zu müssen, haben viele Ärzte Zeit, zusätzlich eine Wahlarztordination zu betreiben und dabei keine Verpflichtungen einzugehen“, so Wurzer. „Sie können die Öffnungszeiten frei gestalten und auf Urlaub fahren, wann sie wollen, ohne sich um eine Vertretung kümmern zu müssen. Viele von ihnen sind überhaupt nicht versorgungswirksam und betreuen ausschließlich Patienten aus ihren Spitälern."

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