Krieg in der Ukraine

Kritik an russischer Militärführung: Wurden Rekruten neben Munitionsdepot einquartiert?

In Samara gedenken viele Menschen der verstorbenen Rekruten.
In Samara gedenken viele Menschen der verstorbenen Rekruten.APA/AFP/ARDEN ARKMAN
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Nach dem Angriff zu Silvester gibt es Kritik an der russischen Militärführung - auch von Nationalisten. Hat sie die Rekruten nahe eines Munitionsdepots einquartiert? Doch es gibt auch Witwen, die nun eine Generalmobilmachung fordern.

In Russland haben bei einer seltenen öffentlichen Gedenkfeier nach dem Tod zahlreicher russischer Soldaten bei einem ukrainischen Angriff in der Ostukraine Menschen am Dienstag ihre Trauer und Wut zum Ausdruck gebracht. Rund 200 Menschen legten Rosen und Kränze bei einer genehmigten Versammlung auf einem zentralen Platz in der Stadt Samara im Zentrum Russlands nieder. Unterdessen kam in Russland Kritik an der Militärführung auf.

"Ich habe seit drei Tagen nicht geschlafen", sagte die Frau eines russischen Generals und Vorsitzende einer armeenahen Vereinigung bei der Gedenkveranstaltung in Samara, von wo einige der getöteten Soldaten stammten. "Es ist sehr hart, es ist beängstigend. Aber wir lassen uns nicht brechen. Trauer verbindet." Sie habe ihren Mann gebeten, die Opfer zu "rächen". "Wir werden den Feind gemeinsam vernichten. Uns bleibt keine andere Wahl."

Ein orthodoxer Priester betete und Soldaten gaben einen Salutschuss ab. Manche Teilnehmer hielten Fahnen der Partei Einiges Russland von Präsident Wladimir Putin in den Händen. Auch in anderen Städten der Region Samara gab es nach Berichten von örtlichen Medien ähnliche Veranstaltungen, etwa in Toljatti und in Sysran.

Eine bisher wenig bekannte patriotische Gruppe, die die Witwen russischer Soldaten unterstützt, hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin aufgefordert, eine groß angelegte Mobilisierung von Millionen von Männern anzuordnen und die Grenzen zu schließen, um den Sieg in der Ukraine sicherzustellen.

Russland spricht von 63 toten Rekruten in Makijwka

Moskau hatte am Montag nach einem ukrainischen Raketenangriff zu Silvester den Tod von 63 Soldaten in der von Russland kontrollierten Stadt Makijiwka in der ostukrainischen Region Donezk eingeräumt. Die Ukraine, die die Verantwortung für den Angriff übernahm, gab eine deutlich höhere Zahl an getöteten Russen an. Die Verluste gehören zu den schwersten, die Russland bei einem einzigen Angriff seit Beginn der Offensive gegen die Ukraine im vergangenen Februar erlitten hat.

Das russische Verteidigungsministerium erklärte, der Angriff sei mit Himars-Raketensystemen erfolgt, die die USA an die Ukraine geliefert hätten. Diese Systeme ermöglichen dem ukrainischen Militär, tiefer in von Russland besetzten Gebieten anzugreifen. Den Waffen wird eine Reihe von militärischen Rückschlägen Russlands in den vergangenen Monaten zugeschrieben.

Soldaten nahe Munitionsdepot einquartiert?

Der Vorfall löste in Russland Kritik an der Militärführung im Internet aus, auch von Nationalisten, die Moskaus Einsatz in der Ukraine befürworten. Mehrere russische Militärkorrespondenten - deren Einfluss im Land zuletzt gewachsen ist - sprachen von Hunderten möglichen Opfern. Sie warfen ranghohen Militärkommandanten vor, nicht aus früheren Fehlern gelernt zu haben.

Es gab zudem Berichte, wonach die Soldaten in der Nähe eines Munitionsdepots einquartiert wurden, welches bei dem Angriff explodierte. Einige russische Soldaten hätten zudem ihre Mobiltelefone nutzen können, wodurch die ukrainischen Streitkräfte sie orten konnten.

Mehrere gegenüber dem Einsatz positiv eingestellte Kommentatoren stellten außerdem die von Moskau angegebene Zahl von 63 Toten infrage, die ihrer Meinung nach zu niedrig angesetzt war. Berichten zufolge waren viele der Toten Reservisten, die erst kürzlich eingezogen worden waren.

Putin gibt Dokumentarfilme in Auftrag

Russlands Präsident Putin äußerte sich bisher nicht öffentlich zu dem Raketenangriff in Makijiwka. Der Kreml ließ am Dienstag lediglich wissen, dass er Verteidigungsminister Sergej Schoigu beauftragt habe, einen Bericht über den Zustand der Ausrüstung russischer Streitkräfte in der Ukraine und mögliche Maßnahmen zu deren Verstärkung zu verfassen.

Zudem ordnete Putin demnach das Verteidigungsministerium an, russischen Filmemachern bei der Produktion von Dokumentarfilmen über den Überfall auf die Ukraine und den Kampf gegen "Neonazi"-Ideologie zu helfen. Die Filme sollten dem "Heldentum der an der militärischen Spezialoperation Beteiligten" gewidmet sein, hieß es unter Verwendung der offiziellen russischen Bezeichnung für den Angriff auf die Ukraine.

Kampf um Bachmut

Unterdessen gingen die Kampfhandlungen in der Ukraine besonders in der hart umkämpften Stadt Bachmut im Osten des Landes weiter. Obwohl sie nur eine geringe strategische Bedeutung hat, versuchen die russischen Streitkräfte unter der Führung der Söldnertruppe Wagner seit Monaten, sie zu erobern.

Der britische Premierminister Rishi Sunak sagte seinem Büro zufolge dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nach den jüngsten russischen Drohnenangriffen langfristige Hilfe zu. Die jüngste Lieferung von mehr als 1.000 Luftabwehr-Raketen sei ein Zeichen dafür. Die beiden Männer hätten im Laufe des Tages miteinander gesprochen.

(APA/AFP/Reuters)

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