Versucht die Politik die mediale Berichterstattung zu beeinflussen? Ja, glauben einer aktuellen Umfrage zufolge 53 Prozent der Bürgerinnen und Bürger. Niederösterreich sticht dabei hervor.
E-Mails und Chatnachrichten aus den Jahren 2015 bis 2021, als Robert Ziegler als Chefredakteur des ORF Niederösterreich tätig war, sorgten im Dezember für Schlagzeilen im In- und Ausland. Wie die „Presse“, der „Standard“ und der deutsche „Spiegel“ aufgedeckt haben, weisen interne Dokumente daraufhin, dass Ziegler Wünsche der Politik an Mitarbeiter weitergegeben und ihre Umsetzung zuweilen auch gegen den Willen der Redakteure durchgesetzt hat. Er bestreitet die Vorwürfe, eine von ORF-Generaldirektor Roland Weißmann eingesetzte Kommission soll sie dennoch untersuchen - ab 9. Jänner sollen erste Befragungen stattfinden.
Schon jetzt ergab eine, im Auftrag des „Standard“ durchgeführte Umfrage des Linzer Market-Instituts unter 807 Personen, dass die Mehrheit der Menschen davon ausgeht, dass die Redakteurinnen und Redakteure in den ORF-Landesstudios unbeeinflusst arbeiten können. Konkret geben 53 Prozent der Befragten an, zu bezweifeln, dass „die Journalisten in den regionalen Nachrichtensendungen des ORF frei und ohne politischen Druck agieren“. 45 Prozent finden, dass die „Landespolitik zu viel Einfluss auf das ORF-Landesstudio in meinem Bundesland“ habe - nur 29 Prozent widersprechen.
45 Prozent: Immer dieselbe Person im Vordergrund
Niederösterreich sticht dabei besonders hervor. So liegt die Zustimmung zu der Aussage „die regionalen Nachrichten des ORF sind im Großen und Ganzen objektiv“ österreichweit bei 39 Prozent. Etwa die Hälfte der Befragten in Niederösterreich verneint das allerdings - deutlich mehr als im Bundesschnitt. Ähnlich das Ergebnis bei dem Punkt: „In den regionalen Nachrichten des ORF werden immer dieselben Personen in den Vordergrund gestellt.“ 45 Prozent bestätigen das im bundesweiten Schnitt, in den Bundesländern Wien und Oberösterreich liegt die Zustimmung dazu etwas unter diesem Wert. In Niederösterreich stimmen der Aussage hingegen überdurchschnittlich viele Befragte zu.
Nichtsdestoweniger will eine Mehrheit von 56 Prozent der Befragten nicht auf die regionale Berichterstattung der Landesstudios verzichten. 51 Prozent sind überdies der Meinung, dass die regionalen Nachrichten des ORF ausführlich berichten, „was in meinem Bundesland los ist“. Dass die „regionalen Nachrichten des ORF im Großen und Ganzen objektiv“ gestaltet sind, bejahen 39 Prozent, für 41 Prozent trifft das nicht zu.
In der Umfrage wurde auch nach den politischen Präferenzen der Teilnehmer gefragt. Das Ergebnis: Besonders wenig politischen Einfluss auf die Landesstudios des ORF orten Personen mit ÖVP-Vorliebe. Kritische Äußerungen in den „Bundesland heute“-Sendungen vermissen nur 21 Prozent der ÖVP-Anhänger, indes doppelt so viele in den anderen politischen Lagern; die meiste Kritik kommt mit rund 70 Prozent von Befürwortern der FPÖ.
Medienministerin fordert ORF-Einsparungen
Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) teilte indes am Mittwoch mit, nicht vorzuhaben, das dem ORF drohende Finanzloch zu stopfen: "Auch das Geld für den ORF wächst nicht auf den Bäumen. Es wird von hart arbeitenden Gebührenzahlerinnen und -zahlern erwirtschaftet. Eine automatische jährliche Steigerung des Budgets für den ORF ist nicht in meinem Sinne“, betonte die Ministerin.
(Red.)