Kritik zurückgewiesen

Nach Silvesterkrawallen: Berlin plant Gipfel gegen Jugendgewalt

"Hatten in dieser Nacht volle Mannstärke bei Einsatzkräften": Berlins Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) sieht keine Einschränkung bei der Polizei.
"Hatten in dieser Nacht volle Mannstärke bei Einsatzkräften": Berlins Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) sieht keine Einschränkung bei der Polizei.REUTERS
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Bürgermeisterin Giffey weist die Kritik nach den Ausschreitungen zu Silvester zurück. Gewaltforscher warnen unterdessen vor einer Vorverurteilung von Migranten.

Nach den Ausschreitungen zu Silvester in der deutschen Hauptstadt hat Berlins Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) Kritik zurückgewiesen. "Also wir haben in dieser Nacht die volle Mannstärke von Polizei und Feuerwehr, eine Verdreifachung der Einsatzkräfte bei der Feuerwehr auf der Straße gehabt", sagte Giffey am Mittwoch im rbb-Inforadio. "Ich sehe nicht, dass hier die Polizei eingeschränkt wird." Die Bürgermeisterin kündigte einen Gipfel gegen Jugendgewalt an.

CDU-Chef Friedrich Merz hatte zuvor kritisiert, das Land Berlin werde mit der Lage nicht fertig. Seit Jahren begrenze der Senat aus politischen Motiven die Rechte und Einsatzmöglichkeiten der Polizei, so Merz im "Münchner Merkur". CSU-Chef Markus Söder argumentierte ähnlich.

Giffey entgegnete, sie hätten die Polizei in den vergangenen Jahren unter sozialdemokratischer Verantwortung massiv aufgestockt und würden das weiter tun. "Aber es ist auch klar, dass wir hier in Berlin in einer Großstadt eine massive Anhäufung auch von Problemlagen haben und auch eben die Gewalt sich hier besonders entladen hat." Das sei aber kein Berliner Phänomen. Merz möge doch mal schauen, dass das auch in anderen deutschen Städten passiert sei.

145 vorläufige Festnahmen, Hunderte Verfahren

In der Silvesternacht waren in mehreren deutschen Städten Polizisten und Feuerwehrleute im Einsatz angegriffen worden, unter anderem mit Böllern und Raketen. Besonders heftig waren die Attacken in Berlin.

Nach Angaben der Berliner Polizei wurden 355 Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. 145 Menschen seien vorläufig festgenommen worden, alle Verdächtigen seien nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen wieder auf freien Fuß gekommen. Es seien insgesamt 18 verschiedene Nationalitäten erfasst worden. 45 der Verdächtigen haben laut Polizei die deutsche Staatsangehörigkeit, 27 Verdächtige sind demnach afghanischer Nationalität und 21 sind Syrer.

Merz sagte dem "Münchner Merkur": "Die Chaoten, viele davon mit "Migrationshintergrund", fordern mit ihrer Randale den Staat heraus, den sie verachten." Söder sagte: "Berlin entwickelt sich leider zu einer Chaos-Stadt - beginnend bei der Politik, die weder Wahlen organisieren noch die Sicherheit ihrer Bürger garantieren kann."

Berlin wählt im Februar

In Berlin soll am 12. Februar die Wahl zum Abgeordnetenhaus wiederholt werden, nachdem das Landesverfassungsgericht die Wahl vom September 2021 wegen vieler Pannen und "schwerer systemischer Mängel" für ungültig erklärt hatte. Giffey tritt für die SPD wieder an.

Angesprochen wurde Giffey darauf, dass es nun eine Diskussion über die familiäre Herkunft der Täter gebe und darüber, ob das nun ein Integrationsdefizit sei. Giffey sagte, man habe eine massive Respektlosigkeit gesehen, eine massive Zerstörungswut und auch teilweise eine Verachtung gegenüber Staatsvertretern. Sie habe mit den Einsatzkräften der Polizei in Neukölln gesprochen und gefragt, was der Grund sei und wie das komme. "Und die haben mir berichtet, dass auch die sozialen Medien eine große Rolle spielen. Dass eben sich gegenseitig angestachelt wird auf Tiktok." Dass diese eine Nacht die Nacht sei, die für manch andere der 1. Mai sei, wo man mal die Sau rauslassen und zeigen könne, dass man der Stärkere sei mithilfe von Schreckschusswaffen und Böllern und so weiter. Es sei ein Kampf, der geführt werde, um Macht und Stärke zu zeigen. Das sei auch etwas, was in einer Gruppendynamik passiere.

„Gewalt in gesamter Gesellschaft"

Der Leiter des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld, Andreas Zick, warnte davor, Menschen mit Migrationshintergrund verantwortlich zu machen. "Dass Silvester so gewalthaltig war, reiht sich ein in einen Anstieg an Gewalt in der gesamten Gesellschaft", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

(APA/dpa)

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