Bilder vom Begräbnis

"Die ewige Ruhe gib ihm, Herr": Benedikt XVI. zu Grabe getragen

APA/AFP/VATICAN MEDIA/HANDOUT
  • Drucken

Die Beerdigung des emeritierten Papstes ist zeremonielles Neuland. Zehntausende sind zum Petersplatz in Rom gekommen. Österreich ist unter anderem durch Altpräsident Fischer und Kardinal Schönborn vertreten.

Mit einem bewegenden Trauergottesdienst vor laut Schätzungen der vatikanischen Gendarmerie über 50.000 auf dem Petersplatz versammelten Menschen ist der emeritierte Papst Benedikt XVI. am Donnerstag zur letzten Ruhe geleitet worden. Gläubige, die in den vergangenen Tagen aus aller Welt angereist waren, Staatschefs, Könige und Geistliche verfolgten das fast zweistündige Requiem für Joseph Ratzinger, bei dem Papst Franziskus dessen Hingabe und Feingefühl würdigte.

Nach der Totenmesse wurde der Sarg des emeritierten Papstes in einer Prozession in den Petersdom gebracht. Unter Beifallsstürmen knieten zwölf Träger - die Zahl der Apostel Jesu - vor dem Sarg auf dem Petersplatz nieder und schulterten ihn. Ratzinger wurde unter dem Petersdom in der Krypta, den Vatikanischen Grotten, beigesetzt. Er wurde, wie üblich, in insgesamt drei ineinander passenden Särgen bestattet: einem aus Zypressenholz, einem aus Zink und einem dritten Sarg aus Eichenholz.

Rome, Italy 05.01.2023: Pope Francis in St. Peter s Basilica in the Vatican celebrates the mass for the funeral of Pope
Rome, Italy 05.01.2023: Pope Francis in St. Peter s Basilica in the Vatican celebrates the mass for the funeral of Pope IMAGO/Independent Photo Agency

Unter dem Dom beigesetzt

Bei dieser letzten Zeremonie waren nur noch wenige hohe Würdenträger anwesend, den Medien wurden der Zutritt und die Übertragung nicht erlaubt. Benedikt XVI. hatte sich das frühere Grab seines 2005 verstorbenen Vorgängers Johannes Paul II. als Bestattungsort gewünscht. Die Krypta liegt unter dem Altar des Petersdoms, insgesamt sind dort 62 Päpste begraben. Der Sarg mit den sterblichen Überresten von Johannes Paul II. war nach dessen Seligsprechung 2011 in die St. Sebastian-Kapelle im Seitenschiff des Doms verlegt worden.

IMAGO/ZUMA Wire

Schon seit dem frühen Donnerstagmorgen versammelten sich tausende Pilger bei leichtem Nebel auf den Straßen vor dem Petersplatz, um Zugang zur Trauermesse zu erlangen. Offizielle Delegationen aus Italien und Deutschland, der Heimat des emeritierten Papstes, sowie Könige, Adelige und Geistliche aus verschiedenen Ländern strömten vor Beginn der Trauerfeier, an der sich über 100.000 Menschen beteiligten, zum Petersplatz, der schon am frühen Donnerstag voll war.

Franziskus kommt im Rollstuhl

Gegen 9.00 Uhr wurde der Sarg von zwölf Trägern auf den Petersplatz gebracht. Die Glocke des Petersdoms ertönte. Beim Eintreffen des Sargs applaudierte die Menge. Rund 200 Gebirgsschützen aus 47 Kompanien aus Bayern reisten etwa mit Bussen an.

APA/AFP/TIZIANA FABI

Um 9.30 Uhr begann mit dem feierlichen Gesang "Requiem aeternam dona ei, Domine" (Die ewige Ruhe gib ihm, Herr) die Messfeier für den Toten, das Requiem. Papst Franziskus konnte die Messe wegen seiner gesundheitlichen Schwierigkeiten infolge eines Knieleidens nicht selbst zelebrieren, sondern stand ihr vor. Der Papst erreichte im Rollstuhl den Petersplatz. Kardinal Giovanni Battista Re übernahm die Zelebration am Altar. Hier standen auch Erzbischof Georg Gänswein, langjähriger Privatsekretär des verstorbenen Papstes, sowie die Ordensschwestern, die ihn bis zuletzt betreut hatten. Über 1000 Journalisten aus der ganzen Welt, 3700 Priester, 300 Bischöfe und 130 Kardinäle waren nach Vatikan-Angaben auf dem Petersplatz anwesend.

IMAGO/Ulmer/Teamfoto

Papst Franziskus hat in seiner Predigt während der Totenmesse nur wenig direkten Bezug auf seinen Vorgänger genommen. Der Pontifex sprach am Donnerstag vor allem über Hingabe an Gott und Vertrauen auf den Herrn. Erst ganz am Schluss sagte der Argentinier vor dem Holzsarg des emeritierten Papstes: "Benedikt, du treuer Freund des Bräutigams, möge deine Freude vollkommen sein, wenn du seine Stimme endgültig und für immer hörst!“ Jesus wird in der katholischen Kirche oft als Bräutigam bezeichnet.

IMAGO/Ulmer/Teamfoto

Zeremonielles Neuland

Das Ereignis ist für die katholische Kirche zeremonielles Neuland. Denn erstmals seit Jahrhunderten wird ein emeritierter Papst beigesetzt, weshalb auch kein Nachfolger gewählt werden muss. Österreich ist durch Altbundespräsident Heinz Fischer bei der Beerdigung präsent. Fischer war während der Amtszeit von Papst Benedikt XVI. Bundespräsident und war auch bei dessen Amtseinführung und zu einem offiziellen Besuch im Vatikan. Auch der offizielle Papstbesuch Benedikts im Jahr 2007 fiel in die Amtszeit Fischers.

Als Vertreter der Kirche in Österreich sind Kardinal Christoph Schönborn, der Salzburger Erzbischof Franz Lackner als Vorsitzender der Bischofskonferenz sowie der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl und der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics bei der Trauerfeier anwesend.

IMAGO/Ulmer/Teamfoto

Scharfe Sicherheitsvorkehrungen

Schärfste Sicherheitsvorkehrungen wurden in Rom für das Begräbnis ergriffen. Wie schon in der Vergangenheit bei der Beerdigung von Johannes Paul II. und bei großen Heiligsprechungszeremonien sind mehr als 1000 Polizisten im Einsatz, wie aus der römischen Präfektur verlautete. Die Zahl der Metalldetektoren zur Kontrolle der Gläubigen beim Zugang zum Petersplatz wurde erhöht. Neben dem Personal der vatikanischen Gendarmerie sind auch Polizisten in Zivil eingesetzt. 500 Freiwillige des Katastrophenschutzes haben die Aufgabe, Informationen über Warteschlangen und Wartezeiten zu liefern.

REUTERS

Außerdem gilt am Donnerstag in der Umgebung des Vatikan ein Verbot, Glasflaschen zu verkaufen. Neben den Überwachungsmaßnahmen wird die Steuerung der Verkehrsströme ein Schlüsselelement der Organisation sein. Die öffentlichen Verkehrsmittel wurden aufgestockt, um die Massen von Pilgern zum Petersplatz zu führen.

Predigt von Papst Franziskus im Wortlaut

"Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist" (Lk 23,46). Dies sind die letzten Worte des Herrn am Kreuz; sein letzter Seufzer - so könnte man sagen -, der das zu bestätigen vermag, was sein ganzes Leben kennzeichnete: ein ständiges Sich-Hingeben in die Hände seines Vaters. In diese Hände der Vergebung und des Mitgefühls, der Heilung und der Barmherzigkeit, diese Hände der Salbung und des Segens, die ihn dazu brachten, sich dann auch in die Hände seiner Brüder und Schwestern zu geben. Der Herr ließ sich in Offenheit für die Geschehnisse, die ihm auf seinem Weg begegneten, vom Willen Gottes fein bearbeiten, indem er alle Konsequenzen und Schwierigkeiten des Evangeliums auf seine Schultern nahm, bis seine Hände die Wundmale seiner Liebe zeigten: "Sieh meine Hände", sagte er zu Thomas (Joh 20,27) und er sagt dies zu einem jedem von uns. Verwundete Hände, die sich uns entgegenstrecken und immerfort darreichen, damit wir Gottes Liebe zu uns erkennen und an sie glauben (vgl. 1 Joh 4,16). [vgl. Benedikt XVI., Enzyklika Deus caritas est, 1.]

"Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist" - so lautet die Einladung und das Lebensprogramm, das der Herr einhaucht und welches das Herz des Hirten wie ein Töpfer (vgl. Jes 29,16) formen will, bis sich in ihm die Gesinnung Christi Jesu regt (vgl. Phil 2,5). Dankbare Hingabe im Dienst für den Herrn und sein Volk, die sich aus der Annahme einer gänzlich ungeschuldeten Gabe ergibt: "Du gehörst mir ... du gehörst zu ihnen", flüstert der Herr; "du stehst unter dem Schutz meiner Hände. Du stehst unter dem Schutz meines Herzens. Du bist behütet in meinen schützenden Händen, und gerade so befindest du dich in der Weite meiner Liebe. Bleib in meinen Händen und gib mir die deinen". (vgl. Benedikt XVI., Homilie in der Chrisam-Messe, 13. April 2006.) Die Nachsicht Gottes und seine Nähe ermöglichen es ihm, sich in die schwachen Hände seiner Jünger zu legen, um sein Volk zu speisen und mit dem Herrn zu sagen: Nehmt und esst, nehmt und trinkt, das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird (vgl. Lk 22,19).

Betende Hingabe, die sich still zwischen den Kreuzungspunkten und Widersprüchen, denen sich der Hirte stellen muss (vgl. 1 Petr 1,6-7), und der vertrauensvollen Aufforderung, die Herde zu hüten (vgl. Joh 21,17), herausbildet und verfeinert. Wie der Meister trägt er auf seinen Schultern die ermüdende Last des Eintretens für andere und die Zermürbung der Salbung für sein Volk, vor allem dort, wo das Gute zu kämpfen hat und die Brüder und Schwestern in ihrer Würde bedroht werden (vgl. Hebr 5,7-9).

In dieser Begegnung der Fürsprache bringt der Herr die Sanftmut hervor, die fähig ist, zu verstehen, anzunehmen, zu hoffen und alles zu wagen - über das Unverständnis, das dies hervorrufen kann, hinaus. Es ist eine unsichtbare und unbegreifliche Fruchtbarkeit, die entsteht, wenn man weiß, in wessen Hände man sein Vertrauen gelegt hat (vgl. 2 Tim 1,12). Betendes und anbetendes Vertrauen, das den Hirten verstehen lässt, was zu tun ist und sein Herz und seine Entscheidungen den Zeiten Gottes anpasst (vgl. Joh 21,18): "Weiden heißt lieben, und lieben heißt auch, bereit sein zu leiden. Und lieben heißt: den Schafen das wahrhaft Gute zu geben, die Nahrung von Gottes Wahrheit, von Gottes Wort, die Nahrung seiner Gegenwart." (Benedikt XVI., Homilie in der Hl. Messe zur Amtseinführung, 24. April 2005.)

Eine Hingabe, die vom Trost des Geistes getragen wird, der ihm bei seiner Sendung immer vorausgeht: in dem leidenschaftlichen Bestreben, die Schönheit und die Freude des Evangeliums zu vermitteln (vgl. Apostolisches Schreiben Gaudete et exsultate, 57), im fruchtbaren Zeugnis derer, die wie Maria in vielerlei Hinsicht beim Kreuz bleiben, in jenem schmerzvollen, aber starken Frieden, der weder angreift noch unterdrückt, und in der hartnäckigen, aber geduldigen Hoffnung, dass der Herr seine Verheißung erfüllen wird, wie er es unseren Vätern und seinen Nachkommen für immer verheißen hat (vgl. Lk 1,54-55).

Auch wir, die wir fest mit den letzten Worten des Herrn und dem Zeugnis, das sein Leben geprägt hat, verbunden sind, möchten als kirchliche Gemeinschaft in seine Fußstapfen treten und unseren Bruder den Händen des Vaters anvertrauen: Mögen diese Hände der Barmherzigkeit seine mit dem Öl des Evangeliums brennende Lampe vorfinden, das er während seines Lebens verbreitet und bezeugt hat (vgl. Mt 25,6-7).

Der heilige Gregor der Große lud am Ende seiner Pastoralregel einen Freund dazu ein und forderte ihn auf, ihm diese geistliche Weggemeinschaft zuteilwerden zu lassen: "Inmitten der Stürme meines Lebens tröstet mich die Zuversicht, dass du mich auf der Planke deiner Gebete über Wasser hältst, und dass du mir, wenn die Last meiner Fehler mich niederzieht und demütigt, die Hilfe deiner Verdienste leihst, um mich emporzuholen." Dies ist das Bewusstsein des Hirten, dass er nicht allein tragen kann, was er in Wirklichkeit nie allein tragen könnte, und deshalb weiß er sich dem Gebet und der Fürsorge des Volkes zu überlassen, das ihm anvertraut wurde. (Benedikt XVI., Homilie in der Hl. Messe zur Amtseinführung, 24. April 2005.)

Das gläubige Volk Gottes versammelt sich, es begleitet das Leben dessen, der sein Hirte war und vertraut es dem Herrn an. Wie im Evangelium die Frauen am Grab, so sind wir hier mit dem Wohlgeruch der Dankbarkeit und der Salbung der Hoffnung, um ihm noch einmal die Liebe zu erweisen, die nicht vergeht; wir wollen dies mit derselben Salbung und Weisheit, mit demselben Feingefühl und derselben Hingabe tun, die er uns im Laufe der Jahre zu schenken wusste. Wir wollen gemeinsam sagen: "Vater, in deine Hände übergeben wir seinen Geist."

Benedikt, du treuer Freund des Bräutigams, möge deine Freude vollkommen sein, wenn du seine Stimme endgültig und für immer hörst!

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Der Leichnam Joseph Ratzingers wird drei Tage lang bis zu seiner Beerdigung am Donnerstag öffentlich im Petersdom aufgebahrt sein.
Abschied

"Santo subito"? Benedikt XVI. im Petersdom aufgebahrt

Der Leichnam des emeritierten Papstes wird im Petersdom öffentlich aufgebahrt. Benedikts Privatsekretär, Bischof Gänswein, hält eine baldige Heiligsprechung für möglich. Er will schon 2012 von den Rücktrittsplänen seines Chefs erfahren haben.
Der Vatikan trauert:  Auf dem Petersplatz in Rom wird des verstorbenen Ex-Papsts Benedikt XVI. gedacht.
Theologie

Testament: Benedikt XVI. hielt den Glauben für vernünftig

In seinem geistlichen Testament skizzierte Benedikt XVI. noch einmal sein Verhältnis zur Wissenschaft: „Scheinbare Gewissheiten gegen den Glauben“ seien „dahingeschmolzen“.
Gottesdienst

Als der Papst 2007 in den Wallfahrtsort Mariazell kam

Kardinal Schönborn erinnerte am Sonntag an Benedikts Liebe zu Mariazell.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.