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»Crisis Core«: Der zweite Frühling eines vergessenen Juwels

Zach und Sepiroth im Kampf
Zach und Sepiroth im KampfSquare Enix
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2008 konnte ein Action-Rollenspiel für die PlayStation Portable eine kleine Fangemeinde begeistern. Jetzt hat »Crisis Core« eine Neuauflage bekommen, die beweist, dass Grafik nicht alles ist.

Spiele, die auf der PlayStation Portable erschienen sind, haben einen gewissen Ruf. Die „Handheld“-Konsole von Sony, war ein Kapitel für sich. Seit 2011 versuchte Sony aufwendige Rollenspiele auf die portable Konsole zu bringen. 2014 wurde die Produktion der PSP schließlich eingestellt. Sie war Spielerinnen und Spielern zu teuer und Sony wollte sich auf die Nachfolger-Modelle konzentrieren.

Nun hat die PlayStation Portable aber trotz ihrer schwierigen Geschichte einige Titel hervorgebracht, die in die Videospiel-Geschichte eingegangen sind. Darunter „Crisis Core“, die Vorgeschichte des beliebten Rollenspiel-Klassikers „Final Fantasy 7“ aus 1997. Das Potenzial der Geschichte konnte anno 2008 auf dem kleinen Bildschirm der PSP aber noch nicht vollends ausgeschöpft werden. Die Neuauflage für PlayStation 4 und 5 zeigt nun, wie viel aus der Überarbeitung eines „alten“ Spiels herausgeholt werden kann.

Düstere Erkenntnisse

„Crisis Core Reunion“ ist anders als die 2020 erschienene Neuauflage von „Final Fantasy 7“ kein „Remake“, sondern ein „Remaster“. Die Grafik und das Kampfsystem des Titels sind zwar neu, die eigentlichen Sequenzen aus dem Original wurden aber beibehalten. Dennoch kann das Spiel mit modernen Blockbustern wie „God of War“ locker mithalten. Andere aktuelle Rollenspiele wie „Valkyrie Elysium“ sehen hingegen im Vergleich ordentlich alt aus. Woran liegt das?

„Crisis Core“ lebt, genauso wie alle frühen Titel der „Final Fantasy“-Reihe als den 1990er- und 2000er-Jahren von einer Geschichte, die einem Spielfilm gleicht und beweist damit, dass die neueste Grafik und die epischsten Kampfszenen eben nicht alles sind. Der Titel hat alles, was ein episches Rollenspiel braucht: Eine dramatische Liebes-Erzählung, einen packenden Spannungsbogen und vor allem viele schillernde Persönlichkeiten.

Eine von ihnen ist Hauptcharakter Zack Fair: ein tragischer Held, wie er im Buche steht. Als junger Mann von der fragwürdigen Organisation „Shinra“ für die Elite-Kampf-Einheit „Soldier“ rekrutiert, sieht er es als seine Bestimmung, die Interessen des Unternehmens mit Leib und Leben zu verteidigen. Dass diese Interessen Menschen und Umwelt in der utopischen Stadt „Midgar“ durch die Förderung der Energieform „Mako“ gefährden, will er dabei zunächst nicht so recht wahrhaben. Seine aufkeimende Liebe zu Aerith, einem Mädchen aus den Slums, eröffnet ihm aber neue Perspektiven. Als seine Kameraden und Freunde beginnen zu desertieren, beginnt seine Weltbild – und seine Vorstellung von sich selbst – langsam zu zerbröckeln. Noch ahnt er nicht, wie weitreichend seine Entscheidung für eine der beiden Seiten wirklich sein wird.

Brüllende Bestien

Das Kampfsystem in „Crisis Core“ wird vielen Spielerinnen und Spielern vertraut vorkommen. Komplett überarbeitet und neu aufgestellt, ist es an die aktuellen „Final Fantasy“ Teile angelehnt und spielt sich flüssig und schnell. Fans von schwierigen Kämpfen und abwechslungsreichen Gegnern könnten sich allerdings unterfordert fühlen. Wer fleißig Nebenmissionen absolviert, kann die Endgegner im Spiel mit wenigen Schlägen erledigen. Auch mit Gegenständen und Ausrüstung wird nicht gespart. Wenn aufmerksam und gründlich gespielt wird, sind etwa alle Zauber im Spiel schnell gesammelt.

Die vernichtenden Angriffe einiger Gegner können nun in einem gewissen Zeitfenster mit geschickten Angriffen durchbrochen werden.
Die vernichtenden Angriffe einiger Gegner können nun in einem gewissen Zeitfenster mit geschickten Angriffen durchbrochen werden.Square Enix

Herzstück der Kämpfe in der „Final Fantasy“ Reihe ist die Beschwörung von sogenannten „Espern“, die Spielerinnen und Spielern im Kampf zur Seite eilen. Für das neue „Crisis Core“ wurden die Zwischensequenzen mit den mächtigen Bestien vollkommen neu produziert. Herausgekommen ist ein wahrer Augenschmaus, der eine willkommene Abwechslung zum Wirken von einfachen Zaubern und dem Schwertkampf bietet. Das DBW-System wurde ebenfalls beibehalten. Dabei handelt es sich um eine Art Slot-Maschine, die bei gewissen Aktionen die Hilfe von Espern oder Nebencharakteren triggert.

Bei den Nebenmissionen merkt man „Crisis Core“ seine Wurzeln als PSP-Titel noch stark an. 300 unterschiedliche Quests dienen der Erarbeitung diverser Schätze und Waffen. Die Aufgaben dauern lediglich wenige Minuten – ideal geeignet für ein kurzes Intermezzo an der Busstation. Auf der Stand-Konsole jedoch können die schlauchartigen, leeren und vor allem repetitiven Umgebungen schnell langweilig werden. Die Liebe zum Detail in den Dialogen der Charaktere rettet viele Areale aber. Fast jeder Charakter auf der Straße ist ansprechbar, manche sogar mehrmals. Viele Gespräche warten auch mit Hintergrundinformationen zum Spiele-Universum auf - ein Bonus, der in aktuellen Rollenspielen rar geworden ist.

Die furchterregende Esper "Ifrit" ist nur eine von vielen Bestien, die im Spiel gesammelt und dann im Kampf gerufen werden können.
Die furchterregende Esper "Ifrit" ist nur eine von vielen Bestien, die im Spiel gesammelt und dann im Kampf gerufen werden können.Square Enix

Emotionale Achterbahn

Abgesehen von der optischen Aufbesserung, ist „Crisis Core Reunion“ auch ein Genuss für die Ohren. Der Komponist der Originalfassung hat eigens Musikstücke neu arrangiert. Herausgekommen ist ein Mix aus klassischer Klaviermusik und treibenden Rock-Klängen, die das Geschehen perfekt untermalen. Die englische Synchronisierung wurde ebenfalls aufgebessert und trägt nun in allen Sequenzen zu einer ungewöhnlichen Nahbarkeit der Charaktere bei.

Zack auf seiner Suche nach der Wahrheit zu begleiten, ist eine emotionale Achterbahnfahrt. „Crisis Core Reunion“ hat einen erzählerischen Tiefgang, der in vielen modernen Rollenspielen vergebens gesucht wird. Wenn Zack seiner Aerith einen Blumenwagen bauen will und dafür alle Hebel in Bewegung setzt, lässt sich über kleine technische Mängel schnell hinwegsehen. Insbesondere, wer die Geschichte von „Final Fantasy 7“ kennt, könnte die eine oder andere Träne verdrücken.

Zacks und Aeriths Liebesgeschichte ist mit besserer Auflösung sogar noch schöner.
Zacks und Aeriths Liebesgeschichte ist mit besserer Auflösung sogar noch schöner.Square Enix

Allerdings ist hier auch Vorsicht geboten. Da die Neuauflage der Haupt-Geschichte als Trilogie erscheint, kann „Crisis Core“ Spoiler für die letzten beiden Teile enthalten. Der zweite Teil der Reihe, „Final Fantasy 7 Rebirth“, soll exklusiv für die PlayStation 5 erscheinen. Die ist aber bekanntermaßen nach wie vor Mangelware. Wer jetzt erwägt, sich extra die aktuellste Sony-Konsole anzuschaffen, hat aber noch ein wenig Zeit für die Entscheidung. „Rebirth“ soll Ende 2023, wenn nicht sogar erst 2024 erscheinen. Genug Zeit also, um sogar neu in die Serie einzusteigen.

„Crisis Core“ gibt es für alle ab 16 Jahren für PlayStation 4 und 5 um 59,99 Euro zu kaufen.

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