Mein Samstag

Man nehme ein Smartphone, . . .

Nach einigen Tagen völlig ohne Handy bin ich seit zwei Wochen zurück in der Zukunft – mit einem Telefon aus einer Zeit, in der small noch beautiful war.

Unlängst bin ich auf einen Gedanken gestoßen, der augenblicklich Resonanz ausgelöst hat. „Ich glaube nicht, dass ich die Grenzen zwischen mir und meinem Telefon klar abgesteckt habe“, schrieb der Schriftsteller Raymond Antrobus im Guardian. Und illustrierte das mit seinem 15-monatigen Sohn, der in der Badewanne freudig planschend auf eine Reaktion wartete – während der Vater aufs Handy schaute. Das Rumoren, das dieser Moment auslöste, fasste er in einem Satz zusammen: „Ich mag die Beziehung zu meinem Telefon nicht – und ich will sie ändern.“ Raymond, I feel you! Bei uns zu Hause gab es schon unterschiedlichste Regeln: kein Handy am Tisch (aber was ist jetzt der Stand in der Chataffäre?), kein Handy im Schlafzimmer (wer weckt mich dann?), kein Handy ab 20 Uhr – sogar eine schmucke Detox-Box hat der Monsieur gebastelt, in der die Telefone übernachten sollten, aber: Ich muss doch Freundin L. noch antworten, nachschauen, ob die Zeitung nach ein paar Stunden ohne mich eh noch existiert oder einfach: nach einem Tag mit Kind Erwachsenensachen machen, also irgendwas am Handy, wie es eine Instagrammama einmal treffend formuliert hat.

Alles kompliziert, bis ich vor ein paar Wochen einen Weg gefunden habe. Man nehme ein Smartphone, platziere es auf dem Autodach und – Sie wissen, wie es weitergeht. Nach einigen Tagen völlig ohne Handy bin ich seit zwei Wochen zurück in der Zukunft – mit einem Telefon aus einer Zeit, in der small noch beautiful war. Mit dem kann man telefonieren, SMS schicken und E-Mails checken, Whatsapp geht indes nicht, genauso wenig wie Instagram – und diverse Nachrichtenseiten gibt es nur in der skelettartigen Schwarz-Weiß-Variante. Man verpasst also nichts Weltbewegendes (Papst Benedikt ist tot, Freund J. will zu Besuch kommen, die Kontaktlinsen sind da) – aber Spaß macht es auch keinen. Und ich kann sagen: Man gewöhnt sich daran! Neuer Neujahrsvorsatz: herausfinden, wie man am neuen Handy irgendein Uraltbetriebssystem installieren kann . . .

E-Mails an: bernadette.bayrhammer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2023)

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