Lehrerbildung. Nach dem PISA-Debakel, das auf Versäumnisse in der Volksschule schließen lasse, sollen die Lehrer länger ausgebildet werden, fordern Politiker und Experten. Doch für den „Master“ für Volksschullehrer fehlen zusätzliche Top-Ausbildner an den Pädagogischen Hochschulen.
Wien. Der Druck auf die Volksschullehrer wächst: Der jüngste PISA-Test hat eklatante Leseschwächen bei den 15-Jährigen des Landes aufgedeckt. Zurückgeführt werden die Defizite von Experten und Politikern aller Lager auf Schwächen in der Volksschule. Zu viele Zehnjährige würden in die Hauptschule oder ins Gymnasium wechseln, ohne gut lesen zu können. Auch beim Rechnen und in den Naturwissenschaften hapert es.
Jetzt soll die Volksschullehrer-Ausbildung aufgewertet werden: Geht es nach den Bildungsministerinnen Claudia Schmied (SPÖ) und Beatrix Karl (ÖVP), dann kommen Volksschullehrer nur noch voll zum Einsatz, wenn sie auch den „Master“ erworben haben. Das zumindest wollen sie demnächst mit der Lehrergewerkschaft und anderen Experten diskutieren.
Die Ministerinnen können sich vorstellen, dass Volksschullehrer, die „nur“ das dreijährige „Bachelor“-Studium haben – und nicht auch das zweijährige Aufbaustudium bis zum „Master“ – nur noch als Assistenzlehrer im Nachmittagsunterricht eingesetzt werden; alle anderen sollen höher qualifiziert sein.
Diesen Ansatz soll ab Ende Jänner eine Expertengruppe im Auftrag der Ministerinnen prüfen. Geleitet wird diese „Vorbereitungsgruppe“ zur „Lehrerbildung neu“ vom Religionspädagogen und steirischen Ex-ÖVP-Bundesrat Andreas Schnider. Bis zum Sommer soll die Gruppe ein neues Lehrer-Ausbildungskonzept für Österreich vorlegen, das dann „zügig“ umgesetzt werde, sagen Schmied und Karl.
Für den schwarzen Pflichtschullehrer-Gewerkschafter Walter Riegler steht schon heute fest: Die neuen Volksschullehrer müssten „auf jeden Fall den Master“ machen – und zwar „mindestens“. Sogar ein aufbauendes Doktoratsstudium solle zunehmend von Lehrern genützt werden, wünscht sich Riegler. „Es braucht hundertprozentig eine noch bessere Ausbildung der Lehrer.“ Denn die Anforderungen an die Volksschullehrer würden laufend steigen; sie seien es auch, die die Basis für den weiteren Bildungsweg und -erfolg der Schüler legen. Aktuell reicht der „Bachelor“, der in drei Jahren an den Pädagogischen Hochschulen (PH) des Landes erworben wird.
Kämen Volksschullehrer künftig nur noch als „Master“ voll zum Zug, müsse sich das aber auch in höheren Gehältern widerspiegeln, sagt Riegler. „Mehr Qualifikation – mehr Gehalt“ ist seine Forderung zum Start der Verhandlungen über ein neues Dienst- und Besoldungsrecht der Lehrer Ende des Monats.
Lehrer- und Ausbildnermangel
Eine Höherqualifizierung der Volksschullehrer findet bei Experten und Politikern zwar viel Zuspruch. Allerdings würden dafür noch zusätzliche Top-Ausbildner fehlen, warnt Bildungswissenschaftler Stefan Hopmann, Mitglied der „Vorbereitungsgruppe“ zur „Lehrerbildung neu“. Es gebe nicht genügend Doktoren und Professoren – doch solche Höher- und Höchstqualifizierten brauche es, um „Master“ auszubilden; das verlange die akademische Tradition.
Auch die Forschung an den PH, aber auch an den Universitäten zu Themen wie der frühkindlichen Förderung reiche nicht aus; es gebe zu wenig Personal und Mittel dafür. Deutschland und die Schweiz seien da schon weiter.
Die deutschsprachigen Nachbarn seien es auch, die angesichts einer Pensionierungswelle nicht nur nach Lehrern aus Österreich angeln würden. Sie hätten auch den „Markt leergefegt“, was Ausbildner und Forscher betrifft. Österreich müsse sich „seine Lehrerausbildner nun selbst machen“, sagt Hopmann, etwa, indem sich „Master“ zu Doktoren weiterbilden. Das werde aber noch Jahre dauern.
Auf einen Blick
Ab Ende Jänner wird sich eine „Vorbereitungsgruppe“ aus Experten der „Lehrerbildung neu“ widmen. Als Kernstück gilt eine längere Ausbildung von Volksschullehrern bis zum „Master“; das stellen dieMinisterinnen Schmied und Karl zur Diskussion. Allerdings fehlt es an Top-Ausbildnern an den Pädago-gischen Hochschulen. Ab Sommer soll das neue Ausbildungskonzept stehen und umgesetzt werden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2011)