Leere Kassen: Ein schwieriges Jahr für den Balkan

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schwieriges Jahr fuer Balkan(c) REUTERS (IVAN MILUTINOVIC)
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Hohe Arbeitslosigkeit, leere Staatskassen und Inflation: Die Wirtschaftsleistung der Balkanländer bleibt auch 2011 unter dem Vorkrisenniveau. Selbst Kroatien wies 2010 eine Arbeitslosenrate von über 18 Prozent auf.

Belgrad. Je trister die Lage, desto vollmundiger die Neujahrsversprechen. Die harten Maßnahmen des letzten Jahres würden „2011 Früchte tragen“ – so verhieß Rumäniens Premier Emil Boc zu Jahresbeginn das baldige Ende des Krisentunnels. Ganz ähnlich klang es in Serbien. Seine Landsleute, forderte Präsident Boris Tadic, müssten trotz aller Probleme „auch optimistisch“ sein. Das Land habe „reale Kapazitäten“, die Krise hinter sich zu lassen.

Doch trotz der hoffnungsvollen Botschaften der Würdenträger sehen nicht nur die Analysten, sondern auch die sorgengeplagten Bewohner der krisengebeutelten Staaten Südosteuropas für Optimismus nur wenig Grund. Steigenden Arbeitslosenraten stehen rasch anziehende Preise, leere Staatskassen und eine wachsende Verarmung gegenüber.

Zwar dürften sich selbst die Sorgenkinder der Region im begonnenen Jahr endlich wieder in die Wachstumszone bugsieren. Doch der bescheidene Aufschwung wird die Einbrüche der letzten beiden Krisenjahre in den meisten Staaten kaum kompensieren. Die schwierige Wirtschaftslage auf dem Balkan dürfte manche Regierung ins Wanken bringen und die politische Instabilität der Region noch weiter verstärken.

Serben stöhnen über Teuerung

Ein „Jahr ohne schöne Nachrichten“ sagt denn auch die Belgrader Zeitung „Blic“ voraus. Mit einer Teuerungsrate von 11,5 Prozent wies Serbien schon 2010 nach der Ukraine die höchste Inflationsrate des Kontinents auf. Weitere Kursverluste des Dinars sind angesichts der sich immer schneller drehenden Preisspirale vorprogrammiert. Nach kräftigen Tariferhöhungen für Strom und Heizungen zogen zum ersten Jänner die Preise für Grundnahrungsmittel, den öffentlichen Nahverkehr und Zigaretten erneut kräftig an.

Wie Rumänien werden auch die Nachfolgestaaten Ex-Jugoslawiens angesichts der anhaltenden Ebbe im Staatssäckel noch stärker als bisher zu schmerzhaften Einschnitten in die aufgeblähten Beamtenapparate gezwungen sein. Entspannung auf den angespannten Arbeitsmärkten ist in den meisten Staaten kaum zu erwarten. Schon 2010 kletterten die offiziellen Arbeitslosenraten bei EU-Anwärtern wie Serbien (20 Prozent), Bosnien-Herzegowina (27 Prozent) und Mazedonien (32 Prozent) auf neue Rekordhöhen.

Selbst das relativ wohlhabende Kroatien, das in diesem Jahr die EU-Beitrittsverhandlungen mit Brüssel abzuschließen hofft, wies zu Jahresende eine Arbeitslosenrate von über 18 Prozent auf.

Erst 2012 sollten die Wachstumsraten in den meisten Balkanstaaten wieder auf das Vorkrisen-level von über vier Prozent klettern. Nur der Küstenstaat Montenegro kann schon 2011 auf ein Wachstum von 4,5 Prozent hoffen– wegen des verstärkten Kapitalzuflusses aus Russland, wo sich die Konjunktur stärker belebt.

Das lange am Rande des Staatsbankrotts balancierende Rumänien wird hingegen bei bescheidenen Wachstumsprognosen zwischen 0,2 und 1,7 Prozent auch 2011 am Kredittropf des Internationalen Währungsfonds (IWF) hängen. Dessen harte Kreditauflagen zwingen Bukarest zum Festhalten am strikten Sparkurs. Damit sind weitere Streiks und Proteste vorprogrammiert.

„Ihr habt das Leben unserer Kinder ruiniert“, rief der verzweifelte Mann, der sich kurz vor Weihnachten von der Zuschauertribüne in den Plenarsaal des Parlaments in Bukarest warf. Zur Sorge haben die Rumänen, die laut einer Gallup-Untersuchung aktuell zu den pessimistischsten Völkern der Welt zählen, allen Grund.

Bulgarien schafft die Wende

Einst einer der Wachstumsmotoren Südosteuropas, muss sich Rumänien auch in diesem Jahr mit einer der niedrigsten Wachstumsraten der Region bescheiden. Erst in dieser Woche bekräftigte Präsident Traian Basescu die Notwendigkeit weiterer Einschnitte in den Beamtenapparat: Von derzeit noch 1,3 Millionen müsse die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst in den nächsten Jahren auf 900.000 schrumpfen.

Obwohl auch dem EU-Neuling Bulgarien die weiter sinkende Binnennachfrage und der karge Investitionszufluss zu schaffen machen, scheint dort die Trendwende dank kräftig angezogener Exporte geschafft. Schon für 2011 rechnet der IWF mit einem Wachstum von bis zu 2,5 Prozent. Für 2012 halten Analysten selbst eine Rate von sechs Prozent für möglich.

Dank Sofias relativ guter Budgetdisziplin in den letzten Jahren hat das Land eine Staatsverschuldung von nur 16 Prozent der Wirtschaftsleistung – einer der niedrigsten Werte in Europa. Das Defizit lag 2010 mit 4,8 Prozent zwar über der Maastricht-Norm. Doch die strengen Sparpakete der Nachbarn bleiben den Bulgaren erspart – was sich positiv auf das Wachstum auswirken könnte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2011)

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