Am Herd

Für rote Primeln ist es noch zu früh

Es ist die stille Zeit im Jahr: die Tage nach Silvester. Die Büros sind verwaist, an den Christbaumsammelstellen türmen sich die abgeputzten Tannen und es nieselt.

Manchmal ist grau okay. Manchmal mag ich den Nebel, wie er da in den dunklen Ästen der Bäume hängt. Wie er alle Kontraste dämpft. Die Mandarinen am Marktstand nicht ganz so orange, die Salatköpfe nicht ganz so grün, das Fleisch nebenan nicht ganz so rot. Der Fleischhauer macht sich eine Semmel. Es ist nicht viel zu tun. An diesen Tagen sind kaum Menschen unterwegs, sie stürmen zu Mittag nicht aus ihren Büros für einen kleinen Imbiss, sitzen nicht in der Vinothek für ein frühes Achterl. Die Touristen sind heimgefahren, haben die Erinnerung an Punsch und den Herzerlbaum und an zugige Ecken mitgenommen. Die Familien sind fort, bei den Großeltern, den Tanten oder in den Bergen, wo die Jüngsten das erste Mal auf Skiern stehen.

Zerbrochene Christbaumkugel. Bevor die Familien weggefahren sind, haben sie die Christbäume abgeputzt und zu den Sammelstellen getragen, dort türmen sich jetzt die Tannen. An einer hängt noch ein Faden Lametta, ich zupfe ihn ab, einfach nur, weil mir die Geste gefällt. Unser Baum steht noch im Wohnzimmer und duftet noch leicht nach Wald und nach Wachs. Ich habe beim Schmücken eine von Marlene im Kindergarten bemalte Kugel zerbrochen und war traurig, da haben die Kinder neue verziert, mit Glitzer und Silberstiften. Für so etwas ist Zeit zwischen Silvester und Dreikönig. Es ist die stillste Zeit im Jahr.

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