TV-Interview

Prinz Harry: "Ich bitte um eine Familie - und nicht um eine Institution"

Vor Veröffentlichung seiner Biografie im TV-Interview: Prinz Harry
Vor Veröffentlichung seiner Biografie im TV-Interview: Prinz Harry(c) APA/AFP/OLI SCARFF (OLI SCARFF)
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Kurz vor Erscheinungen seiner Memoiren teilt der britische Prinz Harry gleich in zwei TV-Interviews weiter gegen seine royale Verwandtschaft aus, insbesondere gegen seinen Bruder William. Vergebung sei aber „zu 100 Prozent eine Möglichkeit“.

Prinz Harry hat das britische Königshaus scharf für dessen Umgang mit Vorwürfen und Problemen kritisiert. "Das Schweigen ist ohrenbetäubend", sagt der 38-Jährige in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview des britischen Senders ITV. In seiner Wahlheimat in den USA stand Harry dem US-Journalisten Anderson Cooper in der Sendung "60 Minutes" des Sender CBS Rede und Antwort. Nach mehreren Vorwürfen von Harry und seiner Frau Meghan (41) hatte der Palast auf Anfrage keinen öffentlichen Kommentar abgegeben.

Das Interview begleitet die Veröffentlichung seiner Memoiren "Spare" (deutsch: "Reserve"), die ab Dienstag, den 10. Jänner,  in Buchläden erhältlich sein sollen. In Spanien waren sie versehentlich bereits am Donnerstag kurzzeitig in einigen Buchläden zu haben. Britische Medien berichten seitdem über pikante Details aus dem Buch.

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Die schwersten Vorwürfe erhebt Harry im Buch gegen seinen Bruder Prinz William (40), der ihn im Streit zu Boden geworfen und verletzt haben soll. Die einst als unzertrennlich geltenden Brüder stehen sich Harrys Schilderungen zufolge schon lange in einem bitteren Wettbewerb gegenüber. Er bezeichnet William in dem Buch demnach als "geliebten Bruder" und zugleich "größten Gegenspieler".

William soll nach Aussagen seines Bruders auch Zweifel an dessen Beziehung mit seiner heutigen Frau Meghan geäußert haben. William habe ihm nicht von der Heirat abgeraten, aber "er hat schon sehr früh Zweifel geäußert", sagt Harry (38) im ITV-Interview. Sein Bruder habe ihn gewarnt, dass es "sehr hart" für ihn werden könne. "Vielleicht hat er die Reaktion des britischen Boulevards vorausgeahnt."

Harry kritisiert zudem die Strategie seiner Familie, Geschichten und Narrative in den britischen Boulevardmedien zu platzieren. Wenn "royale Insiderquellen" zitiert würden, kämen diese Informationen vom Palast. Korrespondenten würden gefüttert und stellten das Narrativ nicht infrage. "So wie sich die britische Presse momentan aufführt, fügt das Großbritannien großen Schaden zu", so Harry.

Derzeit herrscht Funkstille zwischen London und dem kalifornischen Montecito, wo Harry mit Ehefrau Meghan und den gemeinsamen kleinen Kindern Archie und Lilibet lebt. Nach eigenen Angaben habe er zur Zeit keinen Kontakt mit seinem Vater König Charles III. oder seinem älteren Bruder Prinz William. „Derzeit nicht“, antwortet er im CBS-Interview auf die Frage, ob er mit William spreche oder per SMS kommuniziere. Auch mit seinem Vater habe er schon länger nicht mehr gesprochen.

Rassismus-Vorwürfe abgeschwächt

Während er in seinem Buch und den Interviews hart austeilt, schwächt der Prinz frühere Vorwürfe jedoch ab: Meghan und er hätten in einem vergangenen Interview der US-Talkmasterin Oprah Winfrey trotz anderslautender Berichte der Royal Family keinen Rassismus vorgeworfen, betont er. Es gebe für ihn einen wichtigen Unterschied zwischen Rassismus und einer "unbewussten Voreingenommenheit", die er früher auch bei sich selbst festgestellt habe und die in royalen Kreisen gängig sei. Werde man auf diese hingewiesen, sei man in der Verantwortung, diese Einstellung zu ändern, was er selbst getan habe.

Der Prinz hofft trotz seiner harschen Kritik auf eine Versöhnung mit seiner Familie. "Ich will meinen Vater zurück. Ich will meinen Bruder zurück. Momentan erkenne ich sie nicht wieder", sagt Harry. Genauso würden die beiden aber wohl auch ihn derzeit nicht wiedererkennen. "Vergebung ist aber zu 100 Prozent eine Möglichkeit", betont er. "Ich glaube wirklich und ich hoffe, eine Versöhnung zwischen uns und meiner Familie könnte Auswirkungen auf die ganze Welt haben.". Vielleicht sei das naiv, aber er glaube daran.

Zwischendurch scheint Harry in dem Interview, das der Sender ITV in Kalifornien aufgezeichnet hat, fast den Tränen nahe. Wortreich bedauert er mangelnde Unterstützung seiner Familie und wie sich die Fronten verhärtet haben. „Ich sitze hier und bitte um eine Familie“ , sagt Harry. „Nicht um eine Institution, um eine Familie.“ Er liebe seinen Bruder William sehr, beteuert Harry auch im CBS-Interview.

Umfragetief

Prinz Harry rutschte indes in der Gunst seiner Landsleute auf ein Rekordtief. 64 Prozent der Befragten haben inzwischen eine negative Meinung von dem Prinzen, wie das Meinungsforschungsinstitut Yougov am Montag mitteilte. Nur ein Viertel sieht den jüngeren Sohn von König Charles III. (74) demnach in einem positiven Licht. Im November vergangenen Jahres waren es hingegen noch knapp 40 Prozent.

(APA/dpa)

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