Streit um Buch

Treffen im Vatikan: Was wird aus Benedikts Privatsekretär Gänswein?

Archivbild. Erzbischof Gänswein (li.) und Papst Franziskus sind sich offenbar nicht immer einig, was den Kurs der katholischen Kirche angeht.
Archivbild. Erzbischof Gänswein (li.) und Papst Franziskus sind sich offenbar nicht immer einig, was den Kurs der katholischen Kirche angeht.REUTERS
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Gänswein enthüllt in einem Buch bisher unbekannte Details über das nicht immer konfliktfreie Miteinander von Papst Franziskus und Ex-Papst Benedikt. Franziskus bat ihn am Montag zum Gespräch.

Papst Franziskus hat am Montag den langjährigen Privatsekretär des verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. empfangen. Dies teilte der Vatikan am Montag mit, ohne nähere Informationen zum Treffen bekannt zu geben. Kurienerzbischof Georg Gänswein hatte zuletzt mit Auszügen aus seinem am Donnerstag erscheinenden Buchs "Nient'altro che la verità" ("Nichts anderes als die Wahrheit") über das Pontifikat Benedikts für Aufsehen gesorgt.

Gänswein enthüllt in dem Buch unter anderem bisher unbekannte Details über das nicht immer konfliktfreie Miteinander von Papst Franziskus und Ex-Papst Benedikt in den Jahren von 2013 bis zu dessen Tod am 31. Dezember 2022. In dem am 12. Jänner erscheinenden Werk, das der deutsche Erzbischof gemeinsam mit dem Vatikan-Experten Salvatore Gaeta verfasst hat, erklärt er sich "schockiert und sprachlos" über den vom amtierenden Papst Franziskus 2020 ergriffenen Beschluss, ihn vom Posten des Leiters der Präfektur des Päpstlichen Hauses zu entlassen.

Kritiker fordern Stopp von Veröffentlichung

Mehrere italienische Priester forderten Gänswein in einem offenen Brief auf, die Veröffentlichung von "Nient'altro che la verità" zu stoppen. Der Brief an Gänswein wurde von einem Priester aus der Diözese Bergamo, Pater Alberto Varinelli, verfasst. Angriffe auf Franziskus würden der "Einheit der Kirche großen Schaden zufügen", argumentierte Varinelli laut Medienangaben vom Sonntag.

Benedikt XVI. war von 2005 bis 2013 Oberhaupt der katholischen Kirche und trat aus gesundheitlichen Gründen zurück. Danach lebte er zurückgezogen im Vatikan. Er starb am 31. Dezember und wurde am vergangenen Donnerstag nach einer Trauerzeremonie auf dem Petersplatz beerdigt. Der Heilige Stuhl veröffentlichte kurz nach seinem Tod sein geistliches Testament, das auf das Jahr 2006 datiert ist, jedoch den Nachlass nicht regelt.

Rückzug an die Adria? Oder Bischof in Deutschland?

Nun brodelt die Gerüchteküche. Laut Insidern könnte Gänswein Rom verlassen und sein Leben außerhalb der Vatikan-Mauern verbringen. So könnte er sich in die mittelitalienische Stadt Urbisaglia zurückziehen, wo er sein Titularbistum hat. Gänswein trägt wie alle Bischöfe an der römische Kurie den Bischofstitel, ohne eine Diözese als Ortsbischof zu leiten. Er ist seit 2012 Titularerzbischof der untergegangenen antiken Stadt Urbs Salvia, dem heutigen Urbisaglia in der Adria-Region Marche.

Auch über eine Rückkehr nach Deutschland, wo noch einige Mitglieder seiner Familie leben, wird spekuliert. In Bamberg und Paderborn werden derzeit noch Bischöfe gesucht. Rein dienstrechtlich ist Gänswein übrigens nach wie vor Priester der deutschen Erzdiözese Freiburg, wo er 1984 geweiht wurde. Andere Stimmen aus dem Vatikan halten es dagegen für möglich, dass er in Rom bleiben und an der Kurie eine andere Stelle bekommen könnte. In den Augen mancher wäre das eine bessere Besetzung für den theologieaffinen Kurienerzbischof als ein Bischofsamt in Deutschland.

Franziskus könnte Gänswein im Vatikan behalten, um nicht zusätzliche Spannungen mit den Konservativen im Vatikan zu nähren, die Benedikt und seinem Privatsekretär nahestanden. Eine Rückkehr zum noch vakanten Posten des Präfekten des Päpstlichen Hauses wird ausgeschlossen, da Gänswein als vatikanischer Protokollchef Franziskus zu nahe stehen würde. Dass der in Riedern am Wald geborene Gänswein in den frühen Ruhestand gehen könnte, gilt als sehr unwahrscheinlich. Mit 66 Jahren ist er zu jung für den erzbischöflichen Ruhestand, denn der tritt in der Regel erst mit 75 Jahren ein.

(APA)

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