Misstände

MA 35 - Die gefürchtetste Behörde Wiens

++ THEMENBILD ++ DEBATTE UM MISSSTAeNDE IN WIENER MA 35
++ THEMENBILD ++ DEBATTE UM MISSSTAeNDE IN WIENER MA 35GEORG HOCHMUTH
  • Drucken

Zuwanderung. Wer einen Termin bei der MA 35 will, muss bis zu einem Jahr warten; das schlechte Service löst zusätzlich Kritik aus. Die eingeleiteten Reformen greifen aber langsam.

Sie gilt als die gefürchtetste Magistratsabteilung Österreichs: die MA 35 in Wien, zuständig für Einwanderung und Staatsbürgerschaft. Exorbitante Wartezeiten auf einen Termin, dazu mangelnde Erreichbarkeit und langwierige Verfahren.

Bekannt wurde die MA 35 österreichweit, als ein Mitarbeiter anonym in einem TV-Interview erklärte, man hebe nicht einmal mehr die Telefone ab; wegen Personalmangels. Der zuständige pinke Stadtrat, Christoph Wiederkehr, der das Problem mit Eintritt der Neos in die rot-pinke Koalition geerbt hatte, kündigte deshalb eine Reform an – am Montag wurde die erste Zwischenbilanz gezogen.

Wartezeit für Anrufer

Seit Dezember ist das neue telefonische Servicecenter der MA 35 in Betrieb, das viele Anfragen an die Behörde im Vorfeld abfangen soll. Beispielsweise durch Informationen zu den Öffnungszeiten et cetera.
Anfangs betrug die Zeit, bis ein Anruf im Servicecenter entgegengenommen wurde, 3,6 Minuten. Mit einer Personalaufstockung hängen die Anrufer nun durchschnittlich nur noch 28 Sekunden in der Warteschleife.

Das neue Servicecenter

Bisher wurden in dem Servicecenter, das im Dezember eröffnet wurde, rund 400.000 Telefongespräche mit Kunden geführt. Dabei konnten rund zwei Drittel der Fälle sofort telefonisch erledigt werden. Die durchschnittliche Dauer, bis ein Rückruf erfolgt, liegt nun bei 2,2 Tagen. Davor erfolgte oft kein Rückruf. Insgesamt wurde mit den Antragstellern rund zwei Millionen Minuten telefoniert.

Verfahrensdauer

Durch Personalaufstockung und Neuorganisationen konnte die durchschnittliche Verfahrensdauer in der MA 35 (seit Mitte 2021, das sind die aktuellsten Daten) im Bereich der Einwanderung um rund 25 Prozent gesenkt werden. Bei Fällen, die EWR-Staaten betrafen, sank die Verfahrensdauer um 37 Prozent. Im Bereich der Einwanderung sank sie (seit Mitte 2021) um 25 Prozent. Bei den Staatsbürgerschaften wurden mit 10.586 Fällen rund dreimal so viele abgearbeitet wie in den Jahren zuvor.

Warum Verfahren lang dauern

Die Zahl der Anträge bei der MA 35 ist in den Himmel geschossen – was die bisher langen Wartezeiten erklärt. Wobei die Auslöser meist international sind. Beispielsweise ist die MA 35 für mehr als 99 Prozent der weltweit gestellten Anträge auf eine Staatsbürgerschaft für NS-Opfer und deren Nachkommen zuständig. Diese sogenannte schriftliche Anzeige, die einfacheren Zugang zur Staatsbürgerschaft bietet, wurde am 1. September 2020 eingeführt – und löste einen Ansturm auf die MA 35 aus. Dazu kommen zahlreiche Flüchtlinge, die vor Jahren nach Österreich geflohen sind, und nun die Staatsbürgerschaft beantragen.

Ansturm auf Staatsbürgerschaft

Ein Ausblick auf die Zukunft zeigt, dass sich die Situation bei der MA 35 arbeitsmäßig nicht entspannen wird – im Gegenteil. Wie der Leiter der MA 35, Georg Hufgard-Leitner, erklärt, würde nun ein weiterer Schwall von Anträgen auf die Abteilung zukommen. Konkret geht es um die Flüchtlingswelle von 2015. Es sei damit zu rechnen, dass diese Menschen, die 2015 und 2016 einen positiven Asylbescheid erhielten, nun eine Staatsbürgerschaft beantragen würden, heißt es. Dabei handelt es sich um rund 27.000 Personen. Und das spiegelt sich bereits in den Zahlen wider. Derzeit kommt es zu einem sprunghaften Anstieg von Anträgen für die Staatsbürgerschaft. Konkret stiegen die eingebrachten Einbürgerungsanträge vom ersten Quartal bis zum dritten Quartal des Vorjahres um 30 Prozent.

Dazu kommt auch noch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die ausgelöste Unsicherheit würde nun auch bei Flüchtlingen in Österreich generell zu einem steigenden Einbürgerungswunsch führen, wurde am Montag prognostiziert.

Eine Folge dieser Faktoren schlägt bereits auf die MA 35 voll durch: Die Wartezeit auf einen Termin für Einwanderer (oder auf einen Staatsbürgerschaftstermin) liegt aktuell bei 350 Tagen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.