Strache-Prozess: Die Freisprüche, die erwartet wurden

Heinz-Christian Strache nahm das Urteil "mit einem lachenden und einem weinenden Auge" entgegen.
Heinz-Christian Strache nahm das Urteil "mit einem lachenden und einem weinenden Auge" entgegen.APA/Eva Manhart
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„Ich nehme den Freispruch mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen.“ Das sagte Heinz-Christian Strache unmittelbar nach seinem Prozess wegen Bestechlichkeit.

Die Weichen waren gestellt. Denn das Oberlandesgericht (OLG) Wien hat ja schon vor Monaten die von Heinz-Christian Strache und Walter Grubmüller eingebrachten Rechtsmittel „erhört“. Sowohl der frühere Vizekanzler und FPÖ-Chef als auch der Eigentümer der Privatklinik Währing hatten in einem ersten Korruptionsprozess bedingte Haftstrafen ausgefasst. Doch dieses Urteil ist vom OLG umgestoßen worden.

Und so kam es am Dienstag im Straflandesgericht Wien, wie es kommen musste: Im Rahmen der Prozesswiederholung wurde beide Angeklagten freigesprochen.

Rechtskräftig ist dieses Resultat noch nicht. Auch diesmal könnten wieder Rechtsmittel geschrieben werden – freilich nicht von den Freigesprochenen, aber seitens der Anklage. Deren Vertreter, Oberstaatsanwalt Roland Koch von der Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), gab sich bedeckt, er nahm drei Tage Bedenkzeit.

Die Ungerechtigkeit des Prikraf

Der Sachverhalt: Straches Freund Grubmüller hatte sich hartnäckig dafür eingesetzt, dass seine Privatklinik Währing in den Krankenanstalten-Finanzierungsfonds (Prikraf) aufgenommen wird. So hätte der mit öffentlichen Mitteln gespeiste Fonds medizinische Leistungen der Klinik direkt abgegolten, was den Patienten entgegengekommen wäre. Allein: Grubmüller drang mit seinem Ansinnen lange Zeit nicht durch.

Laut Anklage versuchte er es dann mit Spenden an die FPÖ. 2016 und 2017 überwies er insgesamt 12.000 Euro. Im Gegenzug sei ausgemacht gewesen, dass sich Strache auf parlamentarischer Ebene für Grubmüller stark macht. Dieser mutmaßliche Handel – mit Bestechung (Grubmüller) und Bestechlichkeit (Strache) – ließ sich aber nicht unter Beweis stellen.
Straches Part soll darin bestanden haben, dass er in seiner Zeit als Oppositionspolitiker eine Pressekonferenz in dieser Sache veranlasste und einen Initiativantrag seiner Fraktion förderte, der eine Gesetzesänderung in Sachen Prikraf zum Ziel hatte. Der Antrag ging unter. Nach Regierungseintritt der FPÖ wurde aber tatsächlich das Prikraf-Gesetz geändert.

Harte Kritik am Ersturteil

Ein Zusammenhang zwischen dieser Entwicklung und den Spenden konnte nun aber nicht nachgewiesen werden. Jene Schlussfolgerungen, die beim ersten Prozess getroffen wurden, waren für den sogenannten zweiten Rechtsgang wertlos. Zu deutlich war der Tadel des OLG an den Darlegungen der Richterin, die ursprünglich am Werk war. Und Strache zu 15 Monaten, Grubmüller zu zwölf Monate verurteilt hatte. Beide Strafen waren bedingt verhängt worden.

Dass es diesmal in eine andere Richtung gehen sollte, machte die neue Richterin, Helene Gnida, unmissverständlich klar. Ein pflichtwidriges, parteipolitisch motiviertes Amtsgeschäft Straches sei im Verlauf des Verfahrens nicht zutage getreten. Es gebe nicht einmal einen Beweis, wonach Strache von der ersten Spende überhaupt gewusst habe. Bei Grubmüller sei zu bedenken: Nicht jede Parteispende sei illegal. Und: „Natürlich spendet man, weil man seine Interessen verfolgen will.“

Unterm Strich seien daher die Tatbestände nicht erfüllt. Und zwar so gar nicht erfüllt. Die Richterin: „Es ist auch kein Freispruch im großen Zweifel.“ Es liege einfach viel zu wenig am Tisch. Wäre das Gegenteil der Fall, „hätte ich verurteilt – ohne mit der Wimper zu zucken“. Für das Saal-Publikum hatte die Richterin abseits ihrer Urteilsbegründung eine Rede parat: Korruption sei als solche zu ächten. Je höher die darin verwickelten Beamten, „desto unerträglicher“. Und: Der Justiz sei sehr wohl bewusst, „dass Korruption unterbunden werden muss.“ Der Strache-Prozess eignete sich nun aber nicht dazu, ein Exempel zu statuieren.

Der Vertreter der WKStA hatte vor der Urteilsfindung gar noch einen alternativen Tatbestand angeboten: Wenn es schon keine Bestechlichkeit sei, dann vielleicht Vorteilsannahme. Auch aus einem solchen Schuldspruch wurde nichts.

Ein zähes Verfahren

Strache und Grubmüller kamen an diesem Verhandlungstag kaum mehr zu Wort. Sie haben, wie berichtet, bereits im November ausgesagt. Soviel ließ der sichtlich schlanker gewordene Ex-FPÖ-Frontmann (Verteidiger: Johann Pauer) schlussendlich die Medien wissen: „Ich nehme den Freispruch mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen.“ Das weinende Auge deshalb, weil er bereits seit drei Jahren mit dem Strafverfahren beschäftigt sei.

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