Religion

Katholische Kirche verzeichnet Rekordhoch an Austritten in Österreich

Die Presse
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90.808 Personen haben 2022 die katholische Kirche verlassen. Ausschlaggebend dürfte eine generelle Distanz zur Kirche sein. Zwei Millionen Menschen sind ohne Bekenntnis.

Die Zahl der Kirchenaustritte in Österreich ist auf einem neuen Rekordhoch: 90.808 Personen haben 2022 die katholische Kirche verlassen. Das besagt die am Mittwoch veröffentlichte Kirchenstatistik. Einen einzelnen ausschlaggebenden Grund für die vielen Austritte scheint es nicht zu geben. Die Zahl der Katholiken schrumpfte gegenüber dem Vorjahr von 4,83 Millionen auf 4,73 Millionen.

Bereits im vergangenen Jahr war die Zahl der Kirchenaustritte mit 72.222 relativ hoch und stellte damals den zweithöchsten Wert hinter jenem im Jahr 2010 dar. Damals hatten viele Menschen nach dem Bekanntwerden von Missbrauchsfällen der Kirche den Rücken gekehrt. "Für die aktuell hohen Austrittszahlen dürften bei vielen Menschen eine Distanz zur Kirche ausschlaggebend sein, die durch die Pandemie in den vergangenen Jahren größer geworden ist", analysierte "Kathpress" die aktuelle Entwicklung.

Angaben der Diözesen zufolge sei dieser Trend im letzten Jahr durch die angespannte wirtschaftliche Gesamtlage noch verstärkt worden. Dies obwohl die Diözesen etwa wegen der Coronapandemie den Menschen bei der Einziehung des Kirchenbeitrages entgegengekommen waren. Ärger unter manchen Mitgliedern gab es in den vergangenen Jahren auch über die von der Kirche gesetzten Coronamaßnahmen, die aber nicht strenger waren als in anderen Bereichen. Die meisten Austritte gab es in den Diözesen Wien (23.986), Linz (16.505) und Graz-Seckau (16.171).

Bekenntnislose sind zweitgrößte Gruppe

Aber nicht nur die Zahl der Katholiken in Österreich schrumpft kontinuierlich, sondern auch jene der Evangelischen. Geschuldet ist dies der Säkularisierung, die vor allem in Europa ein allgemeines Phänomen darstellt. Allerdings gibt es auch Religionsgemeinschaften, die - vor allem durch Zuzug - ständig wachsen, allen voran die Muslime und Orthodoxen. Die zweitgrößte Gruppe stellen in Österreich im Vergleich zur Gesamtbevölkerung aber die Bekenntnislosen dar.

Zahlen zur Größe der Religionsgemeinschaften sind immer schwerer zu erheben. Wurde bis 2001 das Bekenntnis noch bei der Volkszählung erhoben, fiel dieses Merkmal im Rahmen des Zensus danach weg. 2021 führte die Statistik Austria im Auftrag des Bundeskanzleramts eine freiwillige Erhebung über "Religionszugehörigkeit der Bevölkerung in Privathaushalten" durch. Zusätzlich werden noch die Zahl der Austritte sowie der Aufnahmen bzw. Wiederaufnahmen unter den kirchenbeitragspflichtigen Religionsgemeinschaften in Österreich (römisch-katholisch, evangelisch A.B. und H.B., Altkatholiken) dokumentiert.

Auch weniger Protestanten

Wie die Bischofskonferenz am Mittwoch veröffentlichte, waren im Jahr 2021 54 Prozent der Gesamtbevölkerung katholisch. Dem gegenüber stehen rund zwei Millionen Menschen ohne Bekenntnis, was 22,4 Prozent entspricht. Zum Vergleich: 1971 waren noch 87,4 Prozent römisch-katholisch und 4,3 Prozent bekenntnislos. Die Ursachen sind vielfältig. Vor allem nach diversen Missbrauchsaffären verlor die Kirche massenweise Mitglieder, aber auch der wachsende Wohlstand nach dem Zweiten Weltkrieg trieb die Säkularisierung unter anderem an.

Auch immer weniger Protestanten gibt es in Österreich. 2021 gab es 340.000 Evangelische (3,8 Prozent) - sowohl Lutheraner als auch Reformierte - in Österreich. 50 Jahre davor waren es noch 447.100, was damals sechs Prozent der Gesamtbevölkerung entsprach. Über die Entwicklung der Orthodoxen Kirchen weiß man nicht besonders viel, fehlen bis zur Jahrtausendwende doch valide Vergleichswerte. Seit 2001 wuchsen die Gemeinschaften doch von rund 180.000 auf rund 437.000 im Jahr 2021 bzw. von 2,2 auf 4,9 Prozent. Um fast zwei Drittel geschrumpft sind in diesem Zeitraum die Altkatholiken, die nun 0,1 Prozent der Bevölkerung ausmachen.

Mehr Muslime, weniger Juden

Schwierig ist auch die Erfassung der Muslime in Österreich, die ja keine "Kirche" darstellen. Sie sind zum Teil nur über Moscheenvereine in der Islamischen Glaubensgemeinschaft erfasst. Deren genaue Zahl kann aber aktuell nur geschätzt werden. Laut der Erhebung 2021 gab es 745.600 in Österreich, was 8,3 Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht. 1971 waren es lediglich 22.300. Die Zahl der Juden und Jüdinnen schrumpft hingegen, was auch auf Todesfälle zurückzuführen ist: von 8100 im Jahr 2001 auf 5400 (0,1 Prozent der Bevölkerung).

(APA)

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