Katargate

EU-Parlament: Affäre ohne Ende

EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola hat 14 Maßnahmen für mehr Transparenz und Kontrolle der Mitglieder des Abgeordnetenhauses vorgelegt.
EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola hat 14 Maßnahmen für mehr Transparenz und Kontrolle der Mitglieder des Abgeordnetenhauses vorgelegt. REUTERS
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Die belgischen Ermittler suchen und finden weitere verdächtige Fälle im Kreis der EU-Abgeordneten. Das Parlament sucht indessen Lösungen für die Zukunft.

Die Bestechungsaffäre im Europäischen Parlament dürfte noch weitere Abgeordnete betreffen. Denn die belgische Justiz ermittelt seit der Entdeckung von Geldkoffern und den ersten Geständnissen zur Einflussnahme des Emirats Katar auf Debatten im EU-Parlament weiter. Zuletzt geriet die belgische Abgeordnete Maria Arena (S&D-Fraktion) in den Fokus der Untersuchungen. Sie hatte laut dem Magazin „Politico“ als Vorsitzende des Menschenrechtskomitees Gratisflüge und -unterkunft bei ihrer Reise nach Katar im vergangenen Jahr akzeptiert und diese im Rahmen der vorgeschriebenen Transparenzregeln nicht deklariert. Sie selbst weist Verfehlungen von sich und machte ihre Assistenten dafür verantwortlich.

Das von ihr geleitete Menschenrechtskomitee dürfte die Drehscheibe der versuchten Beeinflussung durch Katar und Marokko gewesen sein. Der inhaftierte ehemalige Abgeordnete Pier Antonio Panzeri (S&D-Fraktion) leitete das Komitee bis zu seinem Ausscheiden aus dem Parlament. Auch Andrea Cozzolino, ein weiterer sozialdemokratischer Abgeordneter, gegen den Untersuchungen laufen, war dessen Mitglied. Noch immer hat die belgische Staatsanwaltschaft nicht offengelegt, welche konkreten Verfehlungen von den Komiteemitgliedern begangen wurden. Klar dürfte sein, dass die angeführten Staaten versucht haben, sich über Abgeordnete von Vorwürfen, sie würden Verfehlungen bei Menschenrechten begehen, weißzuwaschen.

Neue Transparenzregeln

Indessen bemüht sich die Parlamentsführung, die Transparenzregeln für Abgeordnete nachzuschärfen, um ähnliche Fälle in der Zukunft zu vermeiden. Parlamentspräsidentin Roberta Metsola (EVP-Fraktion) hat 14 Maßnahmen vorgeschlagen. Unter anderem soll ehemaligen Abgeordneten der Zugang zum Parlament erschwert werden. Mehr Offenheit und Transparenz wird für Kontakte von Abgeordneten zu Lobbyisten vorgeschlagen. Künftig sollen nicht nur Gespräche mit Interessensvertretungen offengelegt werden, sondern auch solche mit Vertretern von Drittstaaten.

Während es Widerstand zahlreicher Abgeordneter gibt, all ihre Kontakte zu vermeintlichen Lobbyisten offenzulegen, fordern die Grünen noch schärfere Regeln. Sie treten für die Einrichtung einer Ethikbehörde mit umfassenden Untersuchungsbefugnissen ein. Auch fordern sie eine Cooling-off-Periode für ausscheidende Mitglieder des Parlaments. Ähnlich wie EU-Kommissare sollen sie erst nach einer Übergangszeit zu Unternehmen und Interessensvertretungen wechseln dürfen, bei denen sie ihre Vernetzung zu den EU-Institutionen nutzen könnten.

Das Parlamentspräsidium berät einstweilen auch über eine Nachbesetzung der in den Skandal verwickelten Vizepräsidentin Eva Kaili. Erwartet wird, dass sie durch eine andere Sozialdemokratin ersetzt wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2023)

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