Niederösterreich wählt

Mikl-Leitner: Kooperation mit FPÖ auch unter Landbauer möglich

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP)
Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) APA/HELMUT FOHRINGER
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Niederösterreichs ÖVP-Chefin sieht im Urnengang am 29. Jänner eine „Schicksalswahl“, bei der es darum gehen müsse, „Rot-Blau“ zu verhindern. Die Vorwürfe, beim ORF sei interveniert worden, nennt sie eine „interne Angelegenheit“ des Landesstudios.

Die niederösterreichische Landtagswahl am 29. Jänner kann laut Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner zu einer "Schicksalswahl" werden (ein Begriff, den übrigens auch FPÖ-Kontrahent Udo Landbauer unlängst benutzte). Ziel sei, "Rot-Blau zu verhindern". Zur Frage nach Koalitionspartnern beim (Umfragen zufolge äußert wahrscheinlichen) Verlust der Absoluten sagte die ÖVP-Listenerste am Freitag: "Ich werde nach der Landtagswahl allen die Hand zur Zusammenarbeit reichen." Eine Kooperation mit der FPÖ schloss sie im Gegensatz zu 2018 auch dann nicht aus, wenn Spitzenkandidat Udo Landbauer Landesrat werden sollte.

Die ÖVP habe einen fairen Wahlkampf ohne Untergriffe und Angriffe angekündigt, denn "jetzt heißt es nicht Anpatzen, sondern Anpacken". Ziel sei, "dass wir auch nach dem 29. Jänner das Miteinander in Niederösterreich leben können", sagte die seit 2017 amtierende Landeshauptfrau: "Wir werden alles tun, um eine Koalition gegen das Miteinander zu verhindern, damit die Volkspartei weiterhin das Land führen kann und damit es nicht zu Rot-Blau kommt." In den vergangenen Monaten habe es immer wieder Allianzen zwischen SPÖ, FPÖ und Neos gegeben, fügte sie hinzu. Ein Wahlziel in Prozent wollte die Spitzenkandidatin nicht nennen, sondern meinte: "Jede Stimme mehr stärkt das Miteinander."

2018 hatte die ÖVP mit 49,6 Prozent die absolute Mandatsmehrheit im Landtag verteidigt. Für den 29. Jänner muss sich die Volkspartei laut Umfragen auf Verluste einstellen.

"Absolute Mehrheiten gehören in Zeiten multipler Krisen der Vergangenheit an", sagte die 58-Jährige: "Generell kann man beobachten, dass in ganz Europa regierende Parteien einen Vertrauensverlust hinnehmen müssen, weil multiple Krisen sehr viel an Unsicherheit und Irritationen bei den Menschen verursachen."

Mit SPÖ und FPÖ "in Stilfragen nicht einverstanden"

Auch wenn es im laufenden Wahlkampf "sehr viele Untergriffe und Angriffe gibt, hoffe ich, dass dieses Hick-Hack nach der Landtagswahl, sprich am 30. Jänner, wieder zu Ende geht", hielt die Landeshauptfrau fest. Geplant seien wieder Arbeitsübereinkommen mit den anderen in der Proporz-Landesregierung vertretenen Parteien. Die Zusammenarbeit für das Land mit SPÖ und FPÖ habe funktioniert, auch wenn sie "in Stilfragen nicht einverstanden" sei.

2018 hatte Mikl-Leitner eine Kooperation mit FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer angesichts der NS-Liederbuch-Affäre, in der der Blaue als Zeuge geführt wurde, ausgeschlossen. Nun soll es laut Mikl-Leitner auch dann ein Arbeitsübereinkommen geben, wenn Landbauer Landesrat werden sollte. "Ich kann es mir nicht aussuchen, wen die FPÖ in die Regierung entsendet. Aber das Miteinander in der Landesregierung hat sich in der Sache für das Land so sehr bewährt, dass ich diesen Weg auch wegen eines Herrn Landbauer nicht verlassen würde."

Forderung von Strafverschärfung bei Klima-Blockaden 

Zu ihrem Vorstoß für eine Strafverschärfung bei Klima-Blockaden und für Reifenstecher erklärte Mikl-Leitner: "Ich habe großes Verständnis für das Anliegen der Aktivisten, aber ich habe überhaupt kein Verständnis für ihre Methoden. Der Bogen wird massiv überspannt." Sie nehme die Sorgen der Rettungsorganisationen ernst, dass Einsatzfahrzeuge aufgrund von Verkehrsweg-Blockaden durch Aktivisten zu spät zu Einsatzorten kommen könnten. Daher habe sie eine Prüfung durch den Verfassungsdienst beauftragt, wie die als Vorbild geltende deutsche Regelung in österreichisches Recht gegossen werden kann.

In den ersten bisher veröffentlichten Landesrechnungshof-Berichten im Rahmen der Sonderprüfung von landeseigenen und landesnahen Unternehmen sah Mikl-Leitner "keinerlei Beanstandungen" und meinte in Richtung der anderen Parteien: "Jetzt versucht man, durch Angriffe gegen die Institution Rechnungshof noch einmal Kritik zu üben. Es wäre gut, wenn man Prüfungsergebnisse akzeptiert, auch wenn einem das persönlich nicht passt." Die politischen Mitbewerber haben den Rechnungshof aufgrund des Verdachts der illegalen Parteienfinanzierung durch die ÖVP eingeschaltet, die die Vorwürfe zurückweist.

Interventionen im ORF? „Interne Angelegenheit“ 

In Bezug auf Vorwürfe gegen den Landesdirektor des ORF-Niederösterreich, Robert Ziegler, in seiner Zeit als Chefredakteur, wonach er sich laut internen Chats und E-Mails aus dem Landesstudio immer wieder für TV-Präsenz von Mikl-Leitner eingesetzt und eine Art Message Control zugunsten der Volkspartei betrieben haben soll, meinte Mikl-Leitner, es handle sich um eine "interne Angelegenheit des ORF“ - obgleich aufgrund dieser Affäre auch Rücktrittsforderungen an sie persönlich gerichtet wurden. Diese sei auch dort zu klären.

Als dringendstes ÖVP-Vorhaben nannte die Landeshauptfrau Pläne rund um das Thema Klima mit dem Weg in die Energieunabhängigkeit. Als Beispiele führte sie eine Verdreifachung der Windenergie-Leistung bis 2035 und Steigerung der Fotovoltaik-Leistung um 350 Prozent bis 2030 an. Neben einem Ausbau von Kliniken sowie Pflege- und Betreuungszentren soll auch das Angebot an Kinderbetreuung erweitert werden. "Für die Gemeinden ist das eine große Herausforderung, aber wir werden finanziell und durch Beratung unterstützen", betonte Mikl-Leitner. Ein u.a. von Sozialpartnern und der Industriellenvereinigung geforderter Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr oder eine kostenlose Nachmittagsbetreuung sind nicht geplant. "Uns ist es wichtig, dass die Gemeinden das alles stemmen können", erklärte die ÖVP-Politikerin.

Die Landesregierung könne eine "gute Bilanz" etwa bei Wirtschaftswachstum, Arbeitslosigkeit und Betriebsansiedlungen legen, sagte Mikl-Leitner. Das zeige, "dass das Miteinander dem Land gutgetan hat". Zur Bundespolitik hielt die ÖVP-Landesparteichefin fest, dass die türkis-grüne Regierung noch "einiges an Arbeit vor sich" habe. Es gehe nicht nur um das Abarbeiten des Regierungsprogramms, sondern auch um die Bewältigung der Herausforderungen durch die Krisen. "Jetzt ist keine Zeit für Neuwahlen auf Bundesebene", betonte Mikl-Leitner.

(APA/Red. )

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