Putin am Rand der GUS-Staaten (hier bei einem Besuch der Ermitage). Russlands Angriffskrieg hat die Distanz zwischen postsowjetischen Führern vergrößert.
Postsowjetischer Raum

Putins Imperium schwindet

Der Ukraine-Krieg sollte Russlands Dominanz im postsowjetischen Raum besiegeln. Doch das Gegenteil ist der Fall: Moskaus Rolle als Ordnungsmacht ist in ehemaligen Satellitenstaaten wie Armenien oder Kasachstan schwächer als je zuvor.

Die Ausladung war kurz und trocken. „In der aktuellen Situation“, erklärte der armenische Premierminister, Nikol Paschinjan, diese Woche, sei die heuer geplante Übung des Militärbündnisses ODKB auf armenischem Boden „nicht zweckmäßig“.

ODKB ist das russische Akronym für Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit. Diese sperrige Bezeichnung ist ein von Moskau geführtes Militärbündnis, dem neben Russland und Armenien auch Belarus, Kasachstan, Kirgistan und Tadschikistan angehören. Die ODKB macht selten Schlagzeilen, vieles hier ist Konvention und Ritual. So sollte es auch diesmal sein. Noch ein paar Tage vor Paschinjans Absage hat das Moskauer Verteidigungsministerium verlautet, dass das diesjährige Manöver „Unzerstörbare Bruderschaft 2023“ in Armenien stattfinden werde. Doch die Bruderschaft ist in einer Krise.


Es ist der jüngste in einer Reihe von Zwischenfällen, die illustrieren, dass es um das Verhältnis zwischen Jerewan und Moskau nicht zum Besten steht. Schon im vergangenen November verweigerte Armeniens Premier seine Unterschrift unter eine Abschlussdeklaration der ODKB. Er forderte damals konkretere Anstrengungen des Bündnisses zur Regulierung des armenisch-aserbaidschanischen Konflikts. Im November hatte Paschinjan vor einem „enormen Imageschaden“ für das Bündnis angesichts seiner Untätigkeit im Südkaukasus gesprochen.

Die armenische Kritik ist an Moskau gerichtet. Armenien fühlt sich von seinem traditionellen Verbündeten im Stich gelassen. Der von Ankara politisch und militärisch angefeuerte aserbaidschanische Herrscher, Ilham Alijew, versucht sich im Windschatten von Putins Ukraine-Krieg Stück für Stück seines Nachbarlands einzuverleiben, getreu dem Motto: Was der Kreml-Chef kann, kann ich auch. Trotz des von Russland vermittelten Waffenstillstands in der umkämpften Provinz Berg-Karabach 2020 und Moskaus Entsendung von Friedenssoldaten in das Konfliktgebiet ist aserbaidschanisches Militär seither auf Karabach-Territorium sowie auf armenisches Staatsgebiet vorgestoßen. Seit mehr als einem Monat blockiert Baku den einzigen Verkehrskorridor nach Berg-Karabach.

Eigentlich sollte das ODKB-Bündnis seine Mitglieder vor Angriffen gegen ihre Souveränität schützen. Doch Russland unternimmt nichts. Der Kreml spielt die armenische Kritik an der „Untätigkeit“ seiner Friedensmission herunter und nennt Jerewan weiter einen „sehr engen Verbündeten“.

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