Erneuerbaren-Ausbau

Beschleunigung mit angezogener Bremse

Windkraftanlagen müssen sich an den Zielen des Tierschutzes messen lassen. Und das kann dauern.
Windkraftanlagen müssen sich an den Zielen des Tierschutzes messen lassen. Und das kann dauern.Die Presse
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Weder die neue EU-Verordnung noch die angekündigte UVP-Novelle lösen das Kernproblem: Es fehlen anerkannte Maßstäbe für Natur und Artenschutz. Ein Gastkommentar.

Wien. Der Ausbau erneuerbarer Energien muss rascher voranschreiten. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen nach dem jüngst präsentierten Energiepaket der Bundesregierung unter anderem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G) novelliert sowie für „kleinere“ Vorhaben, die nicht unter dieses Gesetz fallen, ein „Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz“ erlassen werden.
Auf europäischer Ebene wurde bereits Ende 2022 die Verordnung zur Festlegung eines Rahmens für einen beschleunigten Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien (kurz „EU-Beschleunigungs-VO“) erlassen, die gern als „game changer“ und als Grund dafür gesehen wird, dass es in Zukunft „in dubio pro Projekt“ heißen soll. Bedauerlicherweise treffen letztgenannte Aussagen nicht zu und dass die mit dem Energiepaket intendierte Beschleunigung in der Praxis tatsächlich erreicht wird, muss ernsthaft bezweifelt werden.

So sieht Art 3 Abs 1 der EU-Beschleunigungs-VO zwar vor, dass die Realisierung von Erneuerbare-Energie-Anlagen (EEA) im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt. Ähnliches soll nach der UVP-G-Novelle gelten. Diese Wertung ist aber nicht neu, vielmehr entspricht sie der gefestigten Rechtsprechung, wonach das Interesse am Ausbau erneuerbarer Energien gegenläufigen Interessen (v. a. in Bezug auf den Schutz des Landschaftsbilds) vorgeht. Insoweit wird sich in den Genehmigungsverfahren kaum etwas verbessern.


Wenn die EU-Beschleunigungs-VO dann in Art 3 Abs 2 erster Satz doch davon spricht, dass EEA im Rahmen anlagenrechtlicher Interessenabwägungen Priorität genießen und diesbezüglich eine Erleichterung zu erkennen wäre, schränkt sie diese Priorisierung im zweiten Satz der Bestimmung schon wieder ein. Danach findet sie nämlich in Bezug auf den Artenschutz bloß insoweit statt, als „geeignete Artenschutzmaßnahmen, die zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der Populationen der Art beitragen, ergriffen werden und für diesen Zweck ausreichende Finanzmittel und Flächen bereitgestellt werden“.

In der Praxis, wo gerade artenschutzfachliche sowie -rechtliche Fragestellungen um geschützte Tiere und deren Erhaltungszustand den Genehmigungsalltag prägen, kommt dieser Vorbehalt einem Ausschluss der Vergünstigung gleich: Denn insbesondere die für die Erreichung der Klimaziele wesentlichen Windparkvorhaben stehen häufig im Verdacht, das Tötungsrisiko für kollisionsgefährdete Brutvogelarten und Fledermäuse zu erhöhen und diese nach der Flora-Fauna-Habitat- oder Vogelschutz-Richtlinie streng geschützten Tiere erheblich zu stören.

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