Subtiles Mobbing an der Wursttheke

Subtiles Mobbing Wursttheke
Subtiles Mobbing Wursttheke(c) Www.BilderBox.com
  • Drucken

Als netter Kollege geht man mittags nicht einfach nur für sich in den Supermarkt ums Eck.

Man fragt höflicherweise auch seine Sitznachbarn, ob sie vielleicht etwas brauchen. Anhand der zustande gekommenen Einkaufsliste kann man ablesen, welcher Kollege noch eine Rechnung mit einem offen hat. Dabei verhält sich die Intensität jener Rechnung direkt proportional zur Komplexität der Bestellung. Eine Käsesemmel bedeutet etwa, dass das Verhältnis weitgehend ungetrübt ist. Hat es jedoch ein Kollege auf Sie abgesehen, liest sich sein Wunsch etwa wie folgt: „An der Brottheke ein Winterzeitweckerl nehmen – das gibt es nur in der Doppelpackung, also bitte dort aufmachen und neu verpacken lassen – und damit zur Wursttheke marschieren. Dort elf Deka Salami mit Peppadew (oder irgendeine andere Wurstsorte, die möglichst umständlich aus der Theke hervorgekramt und aufgeschnitten werden muss, Anm.) in das Weckerl füllen. Dazu eine Scheibe Gouda und ein Gurkerl. Und noch ein Biojoghurt aus linksdrehenden Aminosäuren und einen Smoothie mit Boysenbeerengeschmack. Das wär's, mehr brauche ich eh nicht. Danke schön!“

Während man nun peinlich berührt an der Wursttheke die Bestellung durchgibt, darum bittet, alles einzeln zu verpacken, und gleichzeitig den wartenden Kunden dahinter einen entschuldigenden Blick zuwirft, hat man viel Zeit, um über Revanche zu sinnieren. Vielleicht lässt sich ja sogar eine Route berechnen, bei der der Kollege das nächste Mal besonders oft quer durch den Supermarkt laufen muss. Eine Kombination aus Biokichererbsen mit mariniertem Seeteufel vielleicht. Dazu eine eisgekühlte Schwarzwälder Kirschtorte, die man an der Wursttheke aufschneiden und mit Honigkrustenschinken füllen lässt. Das wär's, mehr brauche ich eh nicht. Danke schön!

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.