Nachruf

La Lollo schenkte uns Schönheit

La Lollo in „Die Königin von Saba“.
La Lollo in „Die Königin von Saba“.(c) imago/ZUMA/Keystone
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Schauspiellegende Gina Lollobrigida war ein Symbol für Italiens Talent zum Feiern von Schönheit, Drama und schalkhaftem Humor.

Seit Mitte der 1940er Jahre hatte Gina Lollobrigida in Dutzenden Filmen gespielt, meist mit einer typischen Mischung aus Schüchternheit und Keckheit. Sie war ein Symbol für Italiens Talent zum Feiern von Schönheit, Drama und schalkhaftem Humor und war eine der großen Diven des italienischen Nachkriegskinos. In Anlehnung an einen ihrer Filme wurde sie lange als "schönste Frau der Welt" bezeichnet. "La Lollo“ starb am 16. Jänner 2023 im Alter von 95 Jahren.

Geboren wurde Gina „Nazionale“, so ein weiterer Spitzname, am 4. Juli 1927 östlich von Rom. Lollobrigida war nicht nur ein schauspielerisches Talent, sie konnte auch singen und tanzen. Und ihre Begabung für die bildende Kunst, die sie nach dem Ende ihrer Filmkarriere, neben dem Garten, zu ihrer Hauptbeschäftigung machte, wurden ebenfalls von Jugend an gefördert; obwohl sie in bescheidenen Verhältnissen aufwuchs, nachdem die elterliche Möbelfabrik im II. Weltkrieg zerstört wurde.

Lollobrigida 1958 am Filmset von "La Legge"
Lollobrigida 1958 am Filmset von "La Legge"(c) Imago

In Rom erregte sie schon früh als „schönstes Kleinkind Italiens“ Aufsehen. Später war Lollobrigida bei Misswahlen erfolgreich. Sie wirkte in über 70 Film- und TV-Produktionen mit, darunter internationale Kooperationen wie „Die Schönen der Nacht“ von René Clair, Komödien wie „Liebe, Brot und Phantasie“, „Liebe, Brot und Eifersucht“, wobei im Lustspiel-Genre wohl „Buona Sera Mrs. Campell“ (1968) der wahre Klassiker war: Eine Frau kassiert von drei Männern, denen sie vormacht, sie seien der Vater ihrer Tochter (mit Peter Lawford, Telly Savalas, Phil Silvers).

An der Seite von Burt Lancaster drehte Lollobrigida „Trapez“, an der Seite von Anthony Quinn „Der Glöckner von Notre Dame“, mit Vittorio de Sica „Anna von Brooklyn“, die ihr Dorf in den Abruzzen durcheinanderbringt, mit Yul Brynner „Die Königin von Saba“. Zeitweise wurde Lollobrigida von der mandeläugigen Sophia Loren entthront, was sie in späten Jahren so kommentierte: „Ich hatte mit niemandem jemals Rivalitäten. Ich war immer die Nummer eins!“

La Lollo in „Der Glöckner von Notre Dame“
La Lollo in „Der Glöckner von Notre Dame“(c) imago images / United Archives (United Archives / kpa Publicity via www.imago-images.de)

Das ist zwar übertrieben, doch den Namen „Gina Nazionale“ hatte Lollobrigida nicht umsonst. Sie zeigte die vielen Facetten des italienischen Lebens und des Lifestyles, den Charme des Schlichten, das große gesellige Auftrumpfen und die Liebe für die sinnlich-ästhetische Inszenierung. Und sie begleitete den italienischen Film von der Nachkriegszeit zum internationalen Glamour.

Zuletzt drehte Lollobrigida mit Gérard Depardieu „XXL“ und war in Agnès Vardas Hommage an das Kino „101 Nacht – Die Träume des Monsieur Cinema“ zu sehen. 1986 war Lollobrigida Jurypräsidentin der Berlinale, dem hochkarätig besetzten Film „Stammheim“ von Reinhard Hauff über die RAF (mit Ulrich Tukur, Ulrich Pleitgen, Hans-Michael Rehberg), der den Goldenen Bären gewann, verweigerte sie die Stimme und nannte ihn öffentlich „widerlich“.

 Gina Lollobrigida 1971
Gina Lollobrigida 1971 (c) imago/WEREK (imago stock&people)

„La Lollo“ diente eben lieber der Schönheit. Sie profilierte sich auch als Fotografin, nahm „La mia Italia“ auf und arbeitete für die Vogue. 22 Jahre war sie mit einem Arzt verheiratet, der Ehe entstammt ein Sohn, der versuchte, sie zu entmündigen. Mit jungen Lebensgefährten sorgte sie in späten Jahren für Schlagzeilen. Starrköpfig und impulsiv nannte sie sich, Shoppen hasste sie, ihre Kleider entwarf sie selbst. Und über ihr Geschlecht hatte das einstige Sexsymbol geradezu feministische Ansichten: „Frauen geben Fehler leichter zu als Männer. Deshalb sieht es so aus, als machten sie mehr.“

(c) imago images

Um ihre Laufbahn zu beschreiben, muss man sich das Italien der 1950er Jahre vor Augen halten, ein bitterarmes, von Krieg, Faschismus und Mafia gezeichnetes Land. Literaturnobelpreisträger Dario Fo beschrieb in seinen Farcen die Wut und die Anarchie seiner Landsleute, wenn sie beschlossen, „Bezahlt wird nicht!“, wie eines seiner Stücke heißt. Große Filmregisseure wie Visconti oder Fellini erzählten vom sehr einfachen und höchstens auf alten Schwarzweiß-Fotos idyllischen Leben zwischen Kinderreichtum und Spaghetti (übrigens ein Armenessen). Es gab aber noch ein anderes Kino als das des italienischen Neorealismus, dort feierte man die alten Werte – und diente der Aufmunterung. Gina Lollobrigida pendelte zwischen beiden Polen.

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