Wie lässt sich der akute Personalnotstand in der Pflege abmildern? Welche Erfahrungen haben Sie bereits mit dem Thema gemacht? Diskutieren Sie mit!
Die Bevölkerung in Österreich wird immer älter - und immer intensiver wird nach Lösungen für den akuten Personalmangel in der Pflege gesucht. Auch unkonventionelle Ideen, wie etwa ein einjähriges Pflegepraktikum für angehende Medizinstudenten - werden mittlerweile diskutiert.
„Presse"-Gesundheitsexperte Köksal Baltaci meinte dazu im Vorjahr: Das Konzept sei zwar unausgegoren, aber „Denkverbote darf es nicht geben“. Denn: „Gehälter zu erhöhen, Kompetenzen zu erweitern, Aus- und Fortbildungen zu subventionieren und eine zusätzliche Urlaubswoche zu spendieren sind keine nutzlosen Maßnahmen, werden aber nicht ausreichen, um das Problem zu lösen. Weder kurz- noch langfristig.“
Die diplomierte Krankenpflegerin Alexandra Prinz zeichnet auf den Debatten-Seiten ein desaströses Bild von der Ist-Situation in Österreich. Sie schreibt: „Gut ausgebildetes Personal verlässt den Beruf ganz oder emigriert in andere Länder mit besserer Bezahlung (das gilt übrigens für ganz Europa). Die derzeitige Offensive, mit der die ÖVP Niederösterreich den Import von 150 Pflegepersonen aus Vietnam favorisiert, die hier erst ausgebildet werden sollen, zeigt, wie verzweifelt man Pflegepersonal aus Billigländern anwirbt, um längst notwendige Reformen im Pflegewesen weiter auf die lange Bank zu schieben.“ Noch immer fehle ein haltbares Konzept für die Zukunft.
"Zu Bruno Kreiskys Zeiten haben wir Krankenschwestern aus China geholt."
Peter Hacker
In einem ausführlichen Interview mit Baltaci sprach Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) über die aktuellen Probleme. „Wir haben eine Zwei- oder Dreiklassenmedizin aufgebaut. Hier wird es Weichenstellungen geben müssen, so kann es nicht weitergehen“, sagt er. Er habe Grünes Licht gegeben, um Pflegekräfte aus dem Ausland nach Wien zu holen, denn: „Zu Bruno Kreiskys Zeiten haben wir Krankenschwestern aus China geholt, später welche aus den Philippinen."
Lösungen wie diesen steht der Arzt Werner Waldhäusl in einem Gastkommentar skeptisch gegenüber: „Für die derzeitige Not im Gesundheitswesen spielen viele, auch strukturelle Faktoren eine Rolle.“ Was er damit meint? Der Pflegekräftemangel sei „hausgemacht, indem ein seit Langem bewährtes System, die Familie, die über Jahrhunderte die Betreuung der Alten getragen hat, unterminiert wurde."
Doch wie weit sollen Angehörige bei der Pflege gehen? Fakt ist: Die Betreuung pflegebedürftige Familienmitglieder ist oft Frauensache. Und Frauen drohen dadurch zu verarmen, wie etwa Anna Gabriel hier beschreibt. Auf dieses Thema geht auch Elisabeth Potzmann, Präsidentin im Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGK), in einer Replik auf Waldhäusl ein. Außerdem meint sie: „Die Menschen in Österreich mit Recht nicht länger nur intuitiv von Laien, sondern von Professionistinnen und Professionisten gepflegt werden“.
Dennoch geht wohl an einem Thema kein Weg vorbei: der Eigenverantwortung. Baltaci forderte etwa in einem Leitartikel gezielte Kampagnen zur Stärkung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung. Denn: „Die derzeitige Situation wird sich vorerst nicht ändern, dafür sind die Strukturen zu verkrustet, die Ausgangslage zu ungünstig."
(sk)
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