Morgenglosse

Kinderpornografie: Brauchen wir ein neues Wort für ein unaussprechliches Verbrechen?

Das Wort „Kinderpornografie“ soll laut Experten nicht mehr verwendet werden. Welche Alternativen gibt es?

Das Gesetz sieht klar vor: Der Tatbestand heißt „Pornografische Darstellungen Minderjähriger“ (§207a Strafgesetzbuch) – mit all seinen Untergliederungen. Und so werden diese Fälle auch seit Jahren - verknappt - bezeichnet, als „Kinderpornografie“. Nur wird das Wort von vielen nicht mehr gerne verwendet. 

Schon gar nicht von Organisationen, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Ihr Argument: Bei Pornografie handelt es sich um die Darstellung von einvernehmlichem Sex unter Erwachsenen. Das kann nie der Fall sein, wenn Kinder involviert sind. 

Man muss aber auch die Geschichte des Begriffs verstehen: Das Wort wurde zu einer Zeit in den Sprachgebrauch aufgenommen, als Pornografie allgemein als obszön, als verboten galt. Das ist längst nicht mehr der Fall.

Und auch kein Einzelfall. Sprache ändert sich. Wir erleben es täglich. Aber wie immer ist es schwierig, ein neues Wort zu finden, das passt. „Kindesmissbrauch“ ist wohl richtig, aber das Wort wird mit dem Missbrauch des Kindes in der Realität in Verbindung gebracht. Der jetzt angeklagte Schauspieler Florian Teichtmeister beruft sich darauf, nie ein Kind angerührt zu haben. Online-Kindesmissbrauch mag für manche wiederum zu harmlos klingen. Denn natürlich hat sich ein Täter tatsächlich an einem Opfer vergriffen, sonst gäbe es das Bild ja nicht.

Sehr korrekt ist die Bezeichnung „sexuelle Missbrauchsdarstellung von Minderjährigen im Netz“. Das ist allerdings sehr lang – und damit im alltäglichen Sprachgebrauch wenig praktikabel. Missbrauchsdarstellung ist sicher eine gute Option, wenn es nicht wieder zu kurz gegriffen ist.

Es ist wohl wie so oft mit Sprache: Der Umstand und der einzelne Fall definieren, wie wir darüber sprechen. Solange es ein Gesetz gibt, das von „pornografischer Darstellung“ spricht, ist Kinderpornografie zwar rechtlich nicht falsch, das heißt aber nicht, dass es richtig ist, den Begriff zu verwenden. Und dann wissen wir auch, dass Gesetze oft nicht die Realität widerspiegeln. Und sie rasch geändert werden können. Wenn man nur will.

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