Nach Beschuss des Wohnhauses weist Moskau die Schuld von sich und macht Kiew verantwortlich. Schuldumkehr und das Streuen von Zweifel haben unter Putin Methode.
Dnipro/Kiew/Moskau/Wien. In dem neunstöckigen Plattenbau klafft eine riesige Lücke. Von Wohnungen sind nur noch Trümmer übrig. Und einzelne Gegenstände: ein Küchentisch, eine Waschmaschine, ein Boiler. Nach der Explosion einer russischen Rakete in einem Wohnhaus in der zentralukrainischen Stadt Dnipro wurden am Dienstag noch mehr als 20 Menschen vermisst. 40 Menschen wurden tot geborgen. Laut den Vereinten Nationen war es einer der Angriffe mit den meisten Toten seit Beginn von Wladimir Putins Ukraine-Invasion. Die UNO will den Vorfall wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen untersuchen.
Während Aufnahmen vom Ort der Zerstörung international für Entsetzen sorgen und der Kreml sich zum wiederholten Mal mit dem Vorwurf rücksichtsloser Kriegsführung konfrontiert sieht, ist in russischen Medien wenig bis gar nichts über das Unglück zu erfahren. Die Qualitätszeitung „Kommersant“ vermeldet kurz, dass eine Rakete in einen Wohnblock gefallen sei. Wessen Rakete – das wird nicht erwähnt. Andere Quellen bestreiten überhaupt, dass ein Angriff stattgefunden hat. Sie folgen damit der offiziellen Linie der Behörden. Denn russische Offizielle wiederholen seit Monaten gebetsmühlenartig, dass der Kreml nur militärische Ziele in der Ukraine angreife.