Aufklärung gefordert

Wien-Terror: Volksanwalt Rosenkranz kritisiert Innenressort

Walter Rosenkranz von der Volksanwaltschaft .
Walter Rosenkranz von der Volksanwaltschaft .Carolina M. Frank
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Nach dem Terror vom 2. November 2020 hatte eine Kommission heftige Kritik am Verfassungsschutz geübt, nun legt die Volksanwaltschaft mit einem eigenen Bericht nach. Und fordert „disziplinarrechtliche Aufklärung“.

Hätte der islamistische Anschlag in der Wiener Innenstadt mit vier Toten und zwei Dutzend Verletzten verhindert werden können? Diese Frage wird nie mehr abschließend geklärt werden – klar ist aber, dass Behörden, die dem Innenministerium unterstehen, im Vorfeld der blutigen Ereignisse vom 2. November 2020 Fehler gemacht haben. Ein am Mittwoch präsentierter Bericht der Volksanwaltschaft (VA) untermauert dies.

Ganz ähnlich wie schon die nach dem Anschlag eingesetzte Untersuchungskommission unter der Leitung von Strafrechtlerin Ingeborg Zerbes kommt nun auch Volksanwalt Walter Rosenkranz (FPÖ) zu dem Resultat, dass es einen „folgenschweren Verwaltungsmissstand“ gegeben habe.

Diese trockene Formulierung ist so gewählt, weil die VA-Prüfung auf einer Verfassungsbestimmung fußt. Demnach ist es Aufgabe der VA Behördenmängel zu untersuchen. Konkret wird angeprangert, dass Verfassungsschützer (BVT, LVT) nach Hinweisen auf die Gefährlichkeit des späteren Attentäters viel zu zögerlich vorgegangen seien. So sei es unterlassen worden, der (dem Justizressort unterstehenden) Staatsanwaltschaft Wien Berichte weiterzuleiten.

Mehrere Hinweise im Vorfeld

Man habe etwa Fotos gehabt, die zeigen, wie der – später bei dem Anschlag von der Polizei getötete Terrorist K. F. – versuchte in der Slowakei Munition für eine Kalaschnikow zu kaufen. Zwar konnte man nicht gleich sicher sein, dass es sich bei dem Mann auf den Fotos tatsächlich um K. F. handle, aber allein der Verdacht hätte mehr Aktivitäten erfordert, so die VA. Zudem habe man gewusst, mit welchem Auto die Slowakei-Fahrt unternommen wurde, nämlich mit dem PKW der Mutter eines Freundes von K. F. Also hätten die Staatsschützer eine Verbindung zu letzterem herstellen können.

K. F. war den Behörden wohl bekannt. Er hatte bereits eine Haftstrafe wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung abgesessen. Und er hatte Monate vor dem Anschlag an einem – vom Staatsschutz observierten – Jihadistentreffen teilgenommen. Obendrein hätten die Verfassungsschützer gewusst, dass der spätere Attentäter eine Reise in die Kampfgebiete der Terrormiliz Islamischer Staat plane – schon früher hatte K. F., ein junger Mann mit albanischen Wurzeln, vorgehabt, sich dorthin durchzukämpfen.

Beim Erstellen des nun vorgestellten „Sonderberichts“ habe es laut Rosenkranz Probleme mit dem Innenministerium gegeben. Dieses habe seine Pflicht zur Aktenlieferung verletzt, da nicht alle Unterlagen übermitteln worden seien.

Insgesamt habe es im Vorfeld des Terrors einigen Staatsschützern am „nötigen Feuer“ gefehlt. Nun sei eine „lückenlose disziplinarrechtliche Aufklärung der Gründe für die nicht rechtzeitig erfolgte Berichterstattung an die Staatsanwaltschaft“ angebracht.

Mit Blick auf den neugegründeten Staatsschutz – aus dem BVT wurde die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst – meinte der Volksanwalt: „Die Organisationsform allein macht es nicht aus. Die handelnden Personen müssen aktiv sein.“

(m. s.)

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