Morgenglosse

Strompreise: Lassen wir uns zu viel gefallen?

Energiesparen betrifft erstmals alle, doch wird die Situation ausgebeutet?
Energiesparen betrifft erstmals alle, doch wird die Situation ausgebeutet?IMAGO/Jochen Tack
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Abgelehnte Kunden, Preiserhöhungen, Milliardenhilfen. Die Stromkonzerne haben sich zuletzt nicht viele Freunde gemacht. Jetzt steht auch noch der Verdacht im Raum, dass sie uns in der Krise über den Tisch ziehen.

Der Strom kommt aus der Steckdose. Lange Jahre mussten die heimischen Stromkunden nicht viel mehr über ihre Energieversorgung wissen als das. Der Strom kam ja auch verlässlich aus der Steckdose und wer ab und zu bereit war, den Anbieter zu wechseln, kam damit auch noch billig davon. Spätestens seit Russland in der Ukraine einmarschiert ist und die Strom- und Gaspreise durch die Decke gegangen sind, ist es damit vorbei. Wer von seinem Anbieter nicht gleich vor die Türe gesetzt wurde, musste zumindest mit drastischen Preiserhöhungen leben. Proteste gab es kaum, Hauptsache es wird nicht dunkel und kalt. Heute, wo die Gaspreise wieder so niedrig sind wie vor dem Kriegsbeginn, sitzen viele Österreicherinnen und Österreicher immer noch auf drei bis vier Mal so teuren Verträgen. Ist das noch gerechtfertigt? Oder lassen wir uns zu viel gefallen?

Behörden wollen prüfen

Diesen Verdacht hegen zumindest der Regulator E-Control und die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). Gemeinsam wollen sie der Branche auf die Finger schauen und prüfen, ob alles mit rechten Dingen zugeht: War es in Ordnung, dass sich Landesenergieversorger in öffentlicher Hand die Kunden plötzlich nach der Postleitzahl aussuchen? Warum bezahlen Altkunden immer noch nur einen Bruchteil von Neukunden, obwohl diese mit billigerem Gas von den Börsen versorgt werden könnten? Und was hat es mit den absurd hohen Teilbeträgen auf sich, die den Privaten von den Konzernen vorgeschrieben werden, wo die Regierung eben erst die Strompreisbremse eingeführt hat?

Der Staat deckelt für Haushalte bekanntlich die maximalen Kosten pro Kilowattstunde Strom und übernimmt die Mehrkosten für die Konzerne. Die aber schreiben ihren Kunden so hohe Teilbeträge vor, als gäbe es die Strompreisbremse gar nicht, moniert der Regulator, der nun aufpassen will, „dass die Milliarden vom Staat nicht bei den Unternehmen hängenbleiben.“ Die Branche hat eine Chance verpasst. Dasselbe Bild bei der staatlichen Grundversorgung, dem letzten Rettungsanker für Haushalte, die gezwungen sind ihren Lieferanten zu wechseln. Per Gesetz hat jeder Konsument das Recht auf einen Strom- und Gastarif, der nicht teurer sein darf als das, was die meisten Kunden des jeweiligen Anbieters bezahlen. Etliche Lieferanten (auch solche, die im Besitz eines Bundeslandes stehen) wollen davon aber nichts wissen und riskieren lieber lange Prozesse, statt ihrer gesetzlichen Pflicht nachzukommen.

Natürlich, die größte Energiekrise seit Jahrzehnten macht es auch den Energiekonzernen schwer, immer richtig zu planen, wie die Causa „Wien Energie“ zeigt. Aber die Krise hätte auch eine Chance sein können: Eine Chance, Kunden an sich zu binden, Energiesparen näherzubringen, die Rechnung zu erklären, Versorgungssicherheit und Kundentreue wieder neuen Wert zu geben. Wer stattdessen Kunden hinauswirft, mit knappen Emails abspeist oder mit astronomisch hohen Rechnungen verschreckt, muss sich nicht wundern, wenn die Marktanteile wieder schmelzen, sobald die Billiganbieter zurück sind.

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