Neuseeland

"Nicht mehr genug im Tank": Jacinda Ardern kündigt Rücktritt an

"Wir geben alles, so lange wir können, bis es Zeit ist. Für mich ist es Zeit."
"Wir geben alles, so lange wir können, bis es Zeit ist. Für mich ist es Zeit."REUTERS
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Mit 37 Jahren wurde sie zur jüngsten Frau an der Spitze eines Landes. Doch im Februar soll Schluss sein: Jacinda Ardern, Neuseelands Regierungschefin, hat angekündigt, ihr Amt niederzulegen. Für weitere vier Jahre fehle ihr schlicht die Energie.

Die neuseeländische Regierungschefin JacindaArdern will im Februar zurücktreten. Dies gab sie am Donnerstag auf einer Veranstaltung ihrer Labour-Partei bekannt. Zur Begründung führte die 42-Jährige an, dass sie nach eigenem Empfinden nicht mehr genug Kraft für weitere vier Jahre in ihrem Amt habe. 2017 war Ardern bei ihrer Wahl zur Regierungschefin mit 37 Jahren eine der jüngsten Frauen weltweit an der Spitze einer Regierung.

"Für mich ist es Zeit", sagte Ardern. "Ich habe einfach nicht mehr genug im Tank für weitere vier Jahre." Damit bezog sich die Regierungschefin offensichtlich auf die in diesem Jahr im Oktober anstehenden Parlamentswahlen und die darauf folgende Legislaturperiode. Ihr Amt werde sie am 7. Februar aufgeben, so Ardern.

Die 42-jährige Politikerin, die zeitweise mit Tränen kämpfte, sagte, ihre fast sechs Jahre als Premierministerin seien eine harte Zeit gewesen. Sie habe keinen Weg gefunden, sich auf ein weiteres Jahr und auf eine weitere Amtszeit vorzubereiten.

Sie sagte, sie sie trete nicht zurück, weil der Job einer Premierministerin schwer sei, sondern weil sie glaube, dass andere es besser machen könnten. Sie habe ihrer vierjährigen Tochter Neve gesagt, sie werde dieses Jahr bei ihrer Einschulung dabei sein. Auch sei es an der Zeit, ihren langjährigen Partner Clarke Gayford zu heiraten. Pläne diesbezüglich stellte sie bereits wegen der Pandemie zurück.

Nach dem Terroranschlag im März 2019 auf zwei Moscheen in Christchurch mit 51 Toten trug: Ardern mit Kopftuch, um der muslimischen Gemeinschaft ihre Solidarität zu bekunden.
Nach dem Terroranschlag im März 2019 auf zwei Moscheen in Christchurch mit 51 Toten trug: Ardern mit Kopftuch, um der muslimischen Gemeinschaft ihre Solidarität zu bekunden.(c) APA/AFP/MARTY MELVILLE (MARTY MELVILLE)

„Jacindamania" ist Geschichte

Die regierende neuseeländische Labour-Partei wird am Sonntag einen neuen Vorsitzenden wählen. Der oder die Parteivorsitzende wird bis zur nächsten Parlamentswahl am 14. Oktober auch das Amt des Premierministers ausüben.

Weltweit war die beliebte Labour-Politikerin in den Medienfokus gekommen, als sie 2017 mit damals erst 37 Jahren die jüngste Ministerpräsidentin der Welt wurde. In nur wenigen Monaten brachte sie es von der stellvertretenden Oppositionsführerin zur Regierungschefin. Ihr kometenhafter Aufstieg hat in Neuseeland einen Namen: Jacindamania. Als sie im Juni 2018 ihre Tochter Neve zur Welt brachte, war sie die erste Regierungschefin seit Jahrzehnten, die während ihrer Amtszeit Mutter wurde.

„Man kann freundlich und zugleich stark sein"

Die charismatische Politikerin machte in all ihren Regierungsjahren vor allem durch ihr sensibles Krisenmanagement von sich reden. Dies galt unter anderem für Neuseelands Weg durch die Corona-Pandemie. Auch für ihre Reaktion auf den Terroranschlag im März 2019 auf zwei Moscheen in Christchurch mit 51 Toten erntete Ardern viel Anerkennung. Damals hielt sie eine bewegende Rede und trug ein Kopftuch, um der muslimischen Gemeinschaft auf der ganzen Welt ihre Solidarität zu bekunden. Zuletzt waren die Beliebtheitswerte der Regierungschefin und ihrer Partei in Umfragen allerdings gesunken.

Zu ihrem Rücktritt erklärte sie nun: "Mit einer so privilegierten Rolle geht Verantwortung einher, darunter auch die Verantwortung, zu wissen, wann Sie die richtige Person zum Führen sind und wann nicht." Das Amt habe ihr viel abverlangt. Man könne und solle den Job nur machen, wenn man einen vollen Tank habe - und ein bisschen Reserve für die ungeplanten und unerwarteten Herausforderungen. Ardern resümiert: „Ich hoffe, ich verlasse die Neuseeländer mit dem Glauben, dass Sie freundlich und zugleich stark, empathisch, aber entschlossen, optimistisch, aber konzentriert sein können. Und dass Sie Ihre eigene Art von Führungskraft sein können. Jemand, der weiß, wann es ist Zeit zu gehen."

(APA/DPA)

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