Panzer-Debatte

"Härteste Kämpfe stehen bevor": Das Ringen um die Panzer für die Ukraine

Ein US-Soldat vor einem Kampfpanzer M1A2 Abrams in Polen. Die USA sind offenbar bereit, weitere schwere Waffen an die Ukraine zu liefern. Allerdings keine Abrams-Kampfpanzer - diese soll Deutschland zur Bedingung für eine "Leopard 2"-Lieferung gemacht haben.
Ein US-Soldat vor einem Kampfpanzer M1A2 Abrams in Polen. Die USA sind offenbar bereit, weitere schwere Waffen an die Ukraine zu liefern. Allerdings keine Abrams-Kampfpanzer - diese soll Deutschland zur Bedingung für eine "Leopard 2"-Lieferung gemacht haben.APA/AFP/MATEUSZ SLODKOWSKI
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Estland und Schweden kündigen weitere Militärhilfen für die Ukraine an. In Deutschland ist man sich über die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine derweil uneinig.

Es gibt Zeiten, in denen man nicht zögern und vergleichen sollte. In etwa so klingen die Worte des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij, die er beim Weltwirtschaftsforum in Davos in Richtung Deutschland fallen ließ. Ohne ihn direkt beim Namen zu nennen, kritisierte er dabei offensichtlich Kanzler Olaf Scholz für seine Linie bei der Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine. 

Er halte es nicht für „die richtige Strategie", wenn jemand sage: „Ich werde Panzer geben, wenn jemand anderes auch Panzer gibt". Er bezog sich dabei auf Berichte, wonach Berlin nur zur Lieferung von Leopard-Panzern bereit ist, wenn die USA Kampfpanzer vom Typ Abrams liefern. 

Derzeit rechne man zwar nicht damit, dass die USA die Lieferung eigener Abrams-Kampfpanzer genehmigen, schreibt das Nachrichtenportal Politico. Die USA würden demnach aber neue umfangreiche Waffenlieferungen an die Ukraine vorbereiten, heißt es unter Berufung auf informierte Kreise. Dabei gehe es unter anderem um Radschützenpanzer des Typs Stryker. 

Druck auf Deutschland steigt

Auch ein Treffen zwischen dem deutschen Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und seinem US-Kollegen Lloyd Austin am Donnerstag brachte keine Klarheit. Olaf Scholz betont in der Debatte über Waffenlieferungen seit Kriegsbeginn stets, Deutschland unternehme keine Alleingänge, sondern stimme sich mit Partnern wie Frankreich und den USA ab.

In den vergangenen Tagen hat der Entscheidungsdruck auf Scholz aber deutlich zugenommen. Polen hat die Lieferung von 14 Leopard-Panzern angeboten, die aber offenbar erst noch modernisiert werden müssten. Die britische Regierung hat 14 Challenger-Kampfpanzer zugesagt.

In der Debatte um die Zustimmung Deutschlands geht es zum einen darum, dass Berlin die Zustimmung für Drittstaaten geben muss, in Deutschland produzierte Waffen an die Ukraine zu liefern. In der Regierung wird betont, dass noch kein einziger Antrag dafür gestellt wurde. In Koalitionskreisen hieß es, es sei schwer vorstellbar, dass Anträge abgelehnt würden. Zum anderen könnte die Bundesregierung eigene Leopard-Panzer liefern. 

Am Freitag berät die sogenannte Ukraine-Kontaktgruppe auf der US-Militärbasis Ramstein in Rheinland-Pfalz über eine Aufstockung der Militärhilfen für die Ukraine. Dabei werde es darum gehen, die gemeinsame und langfristige Unterstützung der Ukraine zu erneuern, sagte Austin in Berlin. Im Zentrum der Diskussion steht die Forderung der Ukraine und auch einiger westlicher Staaten an Deutschland, jetzt auch den Kampfpanzer Leopard 2 zu liefern.

Estland und Schweden kündigen Militärhilfen an

Estland und Schweden haben unterdessen weitere Militärhilfen für die Ukraine für den Kampf gegen Russland angekündigt. Die Regierung des baltischen EU- und Nato-Staates Estland beschloss am Donnerstag die Lieferung von Haubitzen, Munition, Ausrüstung zur Artillerieunterstützung und Granatwerfern im Wert von 113 Millionen Euro. Schweden will Schützenpanzer und ein Artilleriesystem liefern. Das Volumen soll knapp 390 Millionen Euro betragen.

"Wir schicken die Waffen in die Ukraine, die sie am meisten brauchen. Die Ukraine hat Estland direkt um diese Hilfe gebeten", sagte die estnische Regierungschefin Kaja Kallas. Mit dem laut Staatskanzlei in Tallinn 113 Millionen Euro schweren Paket steige die Militärhilfe des Landes für die Ukraine auf 370 Millionen Euro - oder umgerechnet etwas mehr als ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Estland hat rund 1,2 Millionen Einwohner und zählt zu den wichtigsten Unterstützern der Ukraine.

"Wir alle wollen, dass der Krieg endet. Aber Russland hat ein klares Signal gesendet, dass es seinen Angriffskrieg fortsetzen will. Daher muss die freie Welt der Ukraine weiterhin Waffenhilfe leisten, und zwar in viel größerem Umfang und viel schneller", sagte Kallas. Auch Verteidigungsminister Hanno Pevkur verwies auf die Bedeutung der Lieferung von schweren Waffen an Kiew: "Die härtesten Kämpfe stehen noch bevor."

Schweden schickt Schützenpanzer und Artillerie

Schwedens Regierung kündigte laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters weitere Militärhilfe für die Ukraine an die Lieferung von 50 Schützenpanzern an die Ukraine an. Außerdem seien die schwedischen Truppen angewiesen worden, die Lieferung des Artilleriesystems Archer vorzubereiten. Eine konkrete Zahl dazu wird nicht genannt. Schweden verfügt über 48 Archer-Systeme. Insgesamt hat das neue schwedische Unterstützungspaket den Angaben zufolge ein Volumen von umgerechnet knapp 390 Millionen Euro. Schweden führt gegenwärtig den rotierenden Vorsitz im Rat der EU. Das Land hat sich zudem um eine Mitgliedschaft in der Nato beworben.

Kreml warnt vor Lieferung schwerer Waffen

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba und Verteidigungsminister Olexij Resnikowhaben forderten am Donnerstag die internationale Gemeinschaft in einer öffentlichen Erklärung zur Lieferung von Leopard-Panzern auf. Namentlich erwähnten sie zwölf Staaten, darunter Deutschland, die Türkei und Spanien.

Der Kreml hingegen kritisierte die Diskussion im Westen über die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine als sehr gefährlich. Das führe den Konflikt auf "eine qualitativ neue Ebene, die aus Sicht der globalen und gesamteuropäischen Sicherheit nichts Gutes bedeutet", warnte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Zugleich schränkte er von Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew geäußerte Atomdrohungen an den Westen ein.

(Ag./Red.)

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