Kriminalität

Tatort Darknet: Die dunklen Ecken des Internets

Man Using Mobile Phone In Darkroom
Man Using Mobile Phone In DarkroomGetty Images/EyeEm
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Vieles in der digitalen Welt spielt sich unter der Oberfläche ab. Von Drogen über Waffen bis hin zu Darstellungen von Kindesmissbrauch ist alles auf den Umschlagplätzen des Darknet zu finden.

58.000 Fotos wurden bei Schauspieler Florian Teichtmeister sichergestellt – Bilder, die beim sexuellen Missbrauch von Kindern entstanden. Das Material soll er sich im Darknet besorgt haben.

Was genau ist das Darknet eigentlich?

Das Internet ist mehr als Google, Amazon und Facebook. Es ist wie eine historisch gewachsene Stadt, verwinkelt und unübersichtlich. Und es hat dunkle Ecken. Ähnlich dem Katakombensystem schlängeln sich Gänge zu geheimen Kammern unter dem Offensichtlichen. Nur die wenigsten kennen den Weg dorthin. Selbiges gilt für das Darknet. Es existiert seit mehr als 20 Jahren parallel zur Onlinewelt, wie wir sie kennen. Die Ursprungsidee war, Menschen eine sichere, anonyme Plattform zu bieten. Geschützt vor autokratischen Regimen und Zensur. Schnell entdeckten diese Vorzüge auch Kriminelle.

Und wie funktioniert das Darknet technisch?

Um in das Darknet einzusteigen, wird auf dem Rechner ein sogenannter Tor-Browser (The Onion Router) installiert. Wie eine Zwiebel und ihre Schichten ist auch die Datenübertragung konzipiert. Die darüber geteilten Informationen werden anonymisiert und verschlüsselt über mehrere internationale Server gespielt. Die Spuren jedes Einzelnen Darknet-Nutzers werden damit gekonnt verschleiert. Ein hocheffektives Verwirrspiel. Doch es ist nicht die einzige Sicherheitsschranke: Eine Suchmaschine wie Google gibt es nicht. Zugang zu den geschützten Webseiten erhält nur, wer die explizite Adresse kennt, die aus einer Reihe von Buchstaben und Zahlen besteht.

Welche Personengruppen nutzen das Darknet?

Heutzutage taucht das Darknet in den Medien meist im Zusammenhang mit Straftaten auf. Von erbeuteten Passwörtern hin bis zu Kindesmissbrauchsdarstellungen. Doch es wäre die falsche Schlussfolgerung, dieses Netz nur mit Kriminellen zu verbinden.

Unter anderem treten auch politisch verfolgte Menschen hier mit Journalisten in Kontakt, Regimegegner und Demonstranten vernetzen sich und umgehen so die restriktiven Zensurmaßnahmen, wie es sie beispielsweise im Iran oder in China gibt. Es bietet auch einen großen, kostenlosen Wissensschatz aus internationalen Bibliotheken.

Was wird dort sonst noch den Nutzern angeboten?

Das Repertoire der dort betriebenen Plattformen ist riesig: Von gefälschten Reisepässen über Drogen bis hin zu Waffen ist alles erhältlich. Selbst Auftragsmorde und Hackerangriffe können bestellt werden.

Und auch bei der Bezahlung setzt das Darknet auf Anonymität, nämlich auf die Verwendung von Bitcoins. So werden täuschend echte Führerscheine aus aller Herren Länder angeboten. Kostenpunkt: knapp 5000 Euro.

Auftragsmorde variieren je nach Land. In Deutschland kosten sie laut einer Analyse der Beratungsfirma Scip AG knapp 50.000 Euro. Am teuersten wird es in der Schweiz mit knapp 400.000 Euro. Aufgebaut sind die Handelsplätze wie eBay. Um sich nämlich vor Betrügern oder gar Ermittlern zu schützen, gibt es Bewertungssysteme. Auf Käufer- und Verkäuferseite.

Ist es illegal, den Tor-Browser bzw. das Darknet zu nutzen?

Die Installation des Tor-Browsers ist per se nicht illegal. Er bietet die Möglichkeit, anonym das Internet zu nutzen. Da das Aufrufen von Webseiten aber über verschiedene Server geschickt wird, bis sie einem tatsächlich am PC angezeigt werden, dauert das Laden der Webseite auch deutlich länger. Vorsichtig sein muss man beim Surfen im Darknet.

Aktuellen Schätzungen zufolge ist knapp die Hälfte der Webseiten im Darknet illegal. Bereits das Aufrufen dieser Webseiten kann entsprechend den Inhalten eine Straftat darstellen. Sollte der Anbieter von Behörden ausgeforscht werden, droht Nutzern eine Anzeige.

Wie funktioniert die Strafverfolgung?

Die Machenschaften im Darknet aufzudecken ist nahezu unmöglich. Behörden setzen auf verdeckte Ermittler und die Hilfe von Software-Unternehmen, wie zuletzt 2013 im Fall von „Silk Road“. Aber auch „Titanium“, das Software-Projekt der EU, soll dabei helfen, vor allem Hacker im Darknet auszuforschen.

Silk Road - eine Erfolgsgeschichte der Fahnder?

Auf Linkedin präsentierte sich Ross William Ulbricht als Investmentberater und Unternehmer. Tatsächlich verdiente er sein Geld im Darknet. „Silk Road“ zu deutsch Seidenstraße war der wohl größte Umschlagplatz für Drogen, Waffen und Auftragsmörder im Darknet. Unter dem Pseudonym „Dread Pirate Roberts“ verwaltete er knapp eine Million Nutzer. Noch heute gilt sie unter Ermittlern als die größte Darknet-Plattform.

Mehr als zweieinhalb Jahre dauerte die Suche nach „Dread Pirate Roberts“ und die Ausforschung seiner wahren Identität. Als sie dann eine Spur hatten, schleusten sich Beamte verdeckt in der Plattform ein, haben Drogen bestellt, sich sogar als Auftragskiller ausgegeben, bis sie Ulbricht 2013 in der Science-Fiction-Abteilung einer Filiale der öffentlichen Bibliothek von San Francisco das Handwerk legten. Im Mai 2015 wurde Ulbricht wegen Geldwäsche, Computerhacking, Verschwörung zur Passfälschung, zum Drogenhandel zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe ohne Möglichkeit einer vorzeitigen Haftentlassung verurteilt. Eine Berufung 2017 wurde abgelehnt.

"Ulbrichts Festnahme und Verurteilung (...) sollten eine klare Botschaft an alle senden, die versuchen, ein kriminelles Unternehmen im Internet zu führen", erklärte Staatsanwalt Preet Bharara. "Die angebliche Anonymität des Dark Web ist kein Schutzschild vor Festnahme und Strafverfolgung."

Seitdem gelang es den Behörden kleinere Plattformen aufzudecken. Dennoch: die Zahl der Nutzer steigt. Schätzungen zufolge zählte das Darknet im Dezember 2022 mehr als 2,4 Millionen Nutzer täglich. Das sind um 300.000 mehr als noch im Jahr davor.

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