Retrospektive

Ulrich-Seidl-Schau: Ambivalenz ohne Ende

Ulrich Seidl schaut genau: Hier bei den Dreharbeiten zu seinem ersten abendfüllenden Kinodokumentarfilm „Good News“ (1990).
Ulrich Seidl schaut genau: Hier bei den Dreharbeiten zu seinem ersten abendfüllenden Kinodokumentarfilm „Good News“ (1990).Ulrich Seidl/Filmarchiv Austria
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Die Debatte um Ulrich Seidls „Sparta“ ist verebbt. Steht sein Werk nun wieder für sich? Ab 20. 1. kann man sich bis März im Wiener Metro Kino dieser Frage stellen.

Der „gegenwärtige Zeitgeist“ verlange ein „verkürztes, vielfach kontextloses ,Entweder – Oder‘“: So schreibt Ulrich Seidl in seinem Statement zu den Vorwürfen, die im September gegen die Produktion seines Films „Sparta“ erhoben wurden. Dabei beschreibe „ein ,Sowohl – Als auch‘ die menschliche Erfahrung deutlich besser“ – und die Auslotung dieser „Ambivalenzen“, also des Widersprüchlichen als „Essenz des Menschseins“, sehe er seit jeher als seine künstlerische Verantwortung.

Freilich: Die Vorwürfe gegen „Sparta“, die vergangenes Jahr ein kleines Medienbeben auslösten und die Premiere des Films verzögerten, richteten sich primär gegen die Umstände seiner Entstehung, weniger gegen seinen künstlerischen Gehalt: Es ging um Fahrlässigkeit beim Umgang mit Kinderdarstellern. Die Forderung nach Klarheit und Eindeutigkeit ist hier verständlicher als in Bezug auf Seidls Kunst: Diese ist in ihrer Wirksamkeit nämlich regelrecht abhängig von Ambivalenz, zehrt in mehrfacher Hinsicht von ihrer Weigerung, sich eindeutig zu positionieren – politisch, moralisch oder anderswie. Ambivalent ist bei Seidl sogar noch die Ambivalenz selbst: Ist sie bloß der authentische Ausdruck einer unverstellten Sicht auf die Realität, die als solche ja auch keine „Positionen“ kennt? Oder mitunter eine Strategie, um Seidls oft willentlich provokative Filme gegen Kritik zu feien, um sich nicht festnageln zu lassen?

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