Wie ein freiheitlicher Landesrat Asylpolitik im Sinne der ÖVP macht und wieso das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen übervoll ist, während NGOs im Rest des Landes Wohnungen für Asylwerber kündigen.
Auf der einen Seite: das aus allen Nähten platzende Erstaufnahmezentrum Traiskirchen. Auf der anderen: kleine, diskrete Quartiere in Wohnungen und kaum Protest. In der Asylfrage ist Niederösterreich ein Land der Gegensätze.
In den Landesquartieren (das sind private oder solche von NGOs wie Caritas oder Diakonie) leben großteils Ukrainerinnen. Stand 9. Jänner 2023 waren es 10.342 Vertriebene und „nur“ 1259 Asylwerber. Erstere werden meist privat untergebracht, Asylwerber kommen öfter in Wohnungen oder Einfamilienhäusern unter, die die NGOs angemietet haben. Es seien Einheiten für fünf bis zehn Leute, so Christoph Riedl, Generalsekretär der Caritas St. Pölten/NÖ-West. Das habe sich bewährt: „Wenn wir zwei, drei kleine Wohnungen in einer Gemeinde mit Tausenden Einwohnern anmieten, funktioniert das sehr gut.“ Mit den Bürgermeistern sei man in gutem Einvernehmen.

Bloß bleiben immer öfter NGO-Wohnungen teilweise leer. Manche der Unterkünfte, die die NGOs im Frühjahr – im Angesicht des Kriegs und auf Drängen der Landespolitik – angemietet haben, müssen gekündigt werden. Und das, obwohl Traiskirchen dringend Entlastung bräuchte und bundesweit Quartiernot herrscht. Denn auch wenn die Asylanträge weniger werden – für die Zahl der Menschen in der Grundversorgung gilt das nicht. Im Juni, als der Innenminister die Länder aufrief, Quartiere zu schaffen, waren 88.344 Personen in der Grundversorgung. Mitte Oktober, als der Zeltaufbau begann, lag man bei 90.805. Am 9. Jänner zählte man 92.631.
Angesichts der Entwicklung müsste man annehmen, dass auch Länderquartiere voller wurden. Das stimmt aber nicht. In Niederösterreich waren heuer um 1699 weniger Menschen als im Juni und um 616 weniger als im Oktober untergebracht. Warum? Weil mehr gehen, als nachgeholt werden.
Der größte Abgang aus der Grundversorgung betrifft die Ukrainerinnen. Manche finden Jobs, manche ziehen weiter, z. B. nach Wien. Diese Dynamik sieht man durchaus quer durch Österreich. Niederösterreich ist jedoch das einzige Bundesland, das seit Juni auch weniger Asylwerber einquartiert (um 194 weniger). Nimmt man die Zeitspanne Oktober bis Jänner her, gesellt sich nur Salzburg in dieser Kategorie dazu.
Wieso? Am Quartiermangel liegt es, wie erwähnt, nicht. Plätze in Wohnungen gibt es, sie sind beim Land eingemeldet. Doch die zuständige Fachabteilung winkt ab: So viel brauche man nicht. Es ist zwar nicht so, wie der FPÖ-Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl seiner Wählerschaft versprach, nämlich dass gar keine Asylwerber mehr in Landesbetreuung übernommen werden – vergangene Woche waren es 80 Personen. Was aber stimmt: Es ginge mehr, das Land nützt das Potenzial nicht.