Dioxin-Skandal: Ministerin will schärfere Regeln

DioxinSkandal Krisentreffen Berlin
DioxinSkandal Krisentreffen Berlin(c) EPA (INGO WAGNER)
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Im Zuge des Skandals bleiben 1600 Betriebe in Deutschland gesperrt. Die Agrarministerin betont, das keine Gefahr von deutschen Produkten ausgehe.

Die deutsche Bundesagrarministerin Ilse Aigner will schärfere Regeln für die Futtermittelbranche, um weitere Dioxin-Fälle zu verhindern. "Dieser Fall muss und er wird Konsequenzen haben", sagte die CSU-Politikerin am Montag nach einem Krisentreffen mit Spitzenvertretern der Branche in Berlin.

Die Organisation Foodwatch hatte zuvor erklärt, Rückstände aus Pflanzenschutzmitteln könnten für die hohe Dioxinbelastung von Futtermitteln verantwortlich sein. Aigner sagte dazu: "Ich will mich nicht an Spekulationen von selbst ernannten Experten beteiligen."

Die EU-Kommission hält Importverbote anderer Staaten für Eier oder Fleisch aus Deutschland für überzogen. Auf Basis der nun zu erarbeitenden Vorschläge aus der Branche werde sie über Veränderungen entscheiden, sagte Aigner weiter. Ein Punkt werde auch die Frage der Zulassung von Betrieben sein. Das Dioxin soll in einer Firma im niedersächsischen Bösel in das Futterfett gelangt sein. Das Unternehmen arbeitet als Spedition für Fette. Die Futterfettproduktion wurde dort wohl illegal betrieben. Die Firma ist ein Partnerunternehmen von Harles und Jentzsch in Schleswig-Holstein, das die Dioxin-belasteten Futterfette vertrieben hatte und nun im Fokus der Ermittlungen steht.

1600 Betriebe noch gesperrt

"Der entstandene Schaden ist immens", sagte Aigner. Nicht nur finanziell, sondern vor allem sei auch das Vertrauen der Verbraucher erschüttert. "Es gibt keinen Grund zur Panik, aber auch nicht zur Verharmlosung", betonte die CSU-Politikerin. 1635 Betriebe sind nach Ministeriumsangaben noch gesperrt, zeitweise waren es rund 5.000 Höfe. Für eine generelle Entwarnung sei es aber noch zu früh, teilte das Ministerium mit. Der vom Bauernverband geforderte Millionen-Hilfsfonds für betroffene Landwirte spielte dem Vernehmen nach in den Gesprächen zwischen Aigner und der Branche keine Rolle.

Hinsichtlich von Importstopps für deutsches Fleisch sagte Aigner, es gehe keine Gefahr von deutschen Agrarprodukten aus. Die EU-Kommission hält Importverbote anderer Staaten von Eiern oder Fleisch aus Deutschland für überzogen. "Das sind übertriebene Reaktionen angesichts der aktuellen Lage in Deutschland", sagte der Sprecher von EU-Verbraucherkommissar John Dalli in Brüssel. Die Dioxinbelastung der Produkte bedeute "keine unmittelbare Gefahr" für Verbraucher.

Südkorea blockiert seit Mitte vergangener Woche Schweinefleisch aus Deutschland. Nach Angaben der EU-Kommission sprach das EU-Mitglied Slowakei dagegen kein vergleichbares Verbot aus. Russland habe die Kontrollen für deutsche Produkte verschärft. Auch die österreichischen Schweinemäster forderten verstärkte Importkontrollen. Ab sofort müssten Importschweine und Importfleisch aus Deutschland "gezielt unter die Lupe genommen werden" um Verunsicherung beim Konsumenten zu verhindern, forderten sie in einer Aussendung.

Europäische Futterfett-Hersteller wollten am Montag in Brüssel mit der EU-Kommission tagen, um über die Trennung von Industrie- und Futterfetten in Produktion und beim Transport zu beraten. Auch Aigner will eine solche Trennung in Deutschland durchsetzen.

Rückstände aus Pflanzenschutzmitteln?

Foodwatch hatte erklärt, die hohe Dioxinbelastung ergebe sich "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" aus dem Muster einer Futterfett-Probe, die von dem in Bösel sitzenden Partnerunternehmen von Harles und Jentzsch stammt. Die Organisation gab an, die Analyse der Dioxin- und Furanverbindungen in der Probe weise auf Rückstände einer Pentachlorphenol-Verbindung hin, wie sie als Pilzgift eingesetzt werde. In Deutschland darf Pentachlorphenol seit 1986 nicht mehr produziert und seit 1989 nicht angewendet werden.

Die Informationen von Foodwatch decken sich nicht mit den Analysen staatlicher Lebensmittelchemiker. Für Pentachlorphenol seien hohe Gehalte zweier charakteristischer Dioxinverbindungen typisch, sagte Peter Fürst vom Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) in Münster. "Sie ragen aber bei unseren Proben nicht heraus." Bisher seien alle Erklärungsversuche für die Dioxinbelastung "reine Spekulation".

(APA/dpa)

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