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Buch der Woche

Michael Köhlmeier: Die Lizenz zum Erzählen

Nach „Matou“ nun „Frankie“. Michael Köhlmeier.
Nach „Matou“ nun „Frankie“. Michael Köhlmeier.Peter-Andreas Hassiepen
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Michael Köhlmeiers Kunst besteht im Falle von „Frankie“ darin, gleichsam aus dem Nichts heraus etwas zu machen. In Frankie und seinem Großvater begegnen sich zwei bis dahin streng getrennte Welten.

Michael Köhlmeier ist ein großartiger Erzähler. Wie aber schafft es der Vorarlberger Autor, dass bei ihm die ganze Welt in einem narrativen Gesamtzusammenhang erscheint?

Eine Antwort auf diese Frage bietet Köhlmeiers jüngstes großes Buch. In diesem 950-Seiten-Roman stattete der Autor seinen Erzähler mit einer geradezu hypertextuellen Auctoritas aus. Der titelgebende Kater Matou, der wie eine jede gewöhnliche Katze sieben Leben hat, vermag es nämlich, nach jedem Tod an andere Orte und Zeitpunkte der Weltgeschichte zu springen. Mit diesem Kniff verschaffte sich der Autor die absolute Lizenz zum Erzählen. In begleitenden Gesprächen hat Köhlmeier angemerkt, dass er diese Konstruktion während des Schreibens an „Matou“ als einen Akt der größtmöglichen Freiheit erlebt hat.

 

Am Dienstag haben sie Opa entlassen

Umfangreichen großen Büchern folgen im Gesamtwerk Köhlmeiers oft unmittelbar kleinere und schmalere Prosatexte nach. So ist es auch diesmal. Das soeben erschienene Buch „Frankie“ hat etwas mehr als 200 Seiten und wird vom Verlag als Roman bezeichnet, auch wenn der Text eine klassische Erzählung ist. Es gibt hier nur einen einzigen Handlungsstrang, ja eigentlich sollte man präziser sagen: Es herrscht hier nur eine einzige erzählerische Konstellation, die dann auch schon im ersten Absatz des Buches ausgebreitet ist:

„Am Dienstag haben sie Opa entlassen. Er ist jetzt einundsiebzig. Mama wollte, dass ich mitgehe, ihn abholen. Wir sind erst im Zug bis Krems gefahren und dann weiter zu Fuß, aber ich habe es mir nach einer Weile anders überlegt und mich auf die Bank hinter der Fußgängerbrücke gesetzt. Mama hat gesagt: ,Was jetzt?‘ Ich habe gesagt: ,Ich warte hier.‘“