Kindesmissbrauch

„Wenig Gehör für Stimme des Kinderschutzes“

Ein bis zwei Kinder pro Schulklasse sind wohl von Missbrauch betroffen. Wie man die epidemischen Ausmaße sexueller Gewalt verringern und Betroffenen helfen kann.

Welche Ausmaße hat Kindesmissbrauch, wie verbreitet ist Pädophilie? Seit einer Woche läuft nun, wieder einmal, eine Debatte um Pädophilie und Pädosexualität. Aber was bringt das Betroffenen? Was bringen Diskussionen wie diese in Sachen Kinderschutz?

Hedwig Wölfl, die Leiterin des Kinderschutzzentrums Die Möwe, sieht die Aufregung um den Fall Teichtmeister zwiespältig. „Die Debatte ist sehr täterlastig, es gibt diese Faszination am Täter, an der Tat. Es passiert immer auch eine Skandalisierung, rasch kommt ein Ruf nach schärferen Strafen“, sagt Wölfl. Das bringe in der Sache wenig. „Vor allem für Menschen, die betroffen sind, bei denen die Vorfälle nicht leicht zu klären sind, wenn der Missbrauch in der Familie passiert. Kinder sind abhängig und oft in einem Loyalitätskonflikt, wenn der Täter eine nahestehende Person ist, etwa der Vater. Es stigmatisiert auch Betroffene, wenn man sagt: Das ist so wahnsinnig schrecklich, und man bleibt für den Rest des Lebens traumatisiert. Es gibt diese hasserfüllten Reaktionen, es kommt häufig zu Verdrängung, das ist ein Abwehrmechanismus“, sagt Wölfl – die es aber an sich als positiv sieht, über sexuelle Gewalt zu reden. Wenn das ruhig und sachbezogen erfolgt.

Und wenn die Seite der Betroffenen Gehör findet, die Stimme des Kinderschutzes. Schließlich bringen Debatten wie diese immer wieder zutage, wie viele betroffen sind. Ein bis zwei Kinder oder Jugendliche pro Schulklasse, sagt Wölfl unter Berufung auf Daten der WHO, sind nach aktueller Studienlage von sexueller Gewalt betroffen. „Es ist schwierig, exakte Einschätzungen zu geben, aber davon müssen wir ausgehen. Wir haben eine riesige Dunkelziffer, die gerade im Bereich digitaler Gewaltdelikte erschreckend gestiegen ist.“

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